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Nachhaltigkeit: Schmierstoffe werden grün

27.06.2023 11:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Nachhaltigkeit Schmierstoffindustrie
Auch die Schmierstoffindustrie hat die Nachhaltigkeit entdeckt – erste Lösungen gibt es bereits.
© Foto: Adobe Stock/Quality Stock Arts

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auch die Schmierstoffindustrie arbeitet an Lösungen, um Ressourcen zu schonen und den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Erste Lösungen sind am Markt, viele Hersteller befinden sich noch in der Findungsphase.

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Kurzfassung

Auch wenn die Schmierstoff-Industrie nicht gerade mit Nachhaltigkeit in Zusammenhang gebracht wird, versuchen die Hersteller sich ein grünes Image zu verpassen. Erste Produkte sind bereits erhältlich.

Der Verbrennungsmotor ist mittlerweile stark unter Druck. Die Politik würde ihn lieber heute als morgen durch E-Motoren ersetzen. Doch es gibt Möglichkeiten, den Verbrenner nachhaltiger zu machen. Neben synthetischen Kraftstoffen bieten auch die Schmierstoffe ein großes Potenzial, den Rohstoffverbrauch in der Produktion zu reduzieren. Erste Hersteller setzen bei ausgewählten Produkten auf Basisöle aus wiederaufbereitetem Altöl oder aus nachwachsenden Rohstoffen. Das Angebot ist aber noch überschaubar und beschränkt sich derzeit noch auf einzelne Fahrzeugarten oder Baugruppen. Das könnte sich aber bald ändern, denn auf Anfrage von asp AUTO SERVICE PRAXIS konnten viele Schmierstoffhersteller zwar noch keine Produkte präsentieren, gaben aber an, in diesem Bereich die Entwicklung voranzutreiben. Details waren aber leider noch nicht spruchreif.

Hybrid- und Motorradöle

Motul hat mit der NGEN-Serie bereits eine, wenn auch überschaubare, Produktserie am Markt, die auf nachhaltigen Basisölen aufbaut. Während die Motorrad-Produkte NGEN5 und NGEN7 zu 75 beziehungsweise 50 Prozent aus hochwertig regeneriertem Basisöl bestehen, kommen beim Pkw-Motoröl NGEN Hybrid nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz, die 25 Prozent des Basisöls ausmachen. "Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe in unserer Hybrid-Linie reduziert den CO2-Abdruck um 25 Prozent. Wir setzen die Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen sehr gezielt ein. Für Massenprodukte ist es nicht gedacht, dafür sind die Ressourcen zu begrenzt. Anders bei den wiederaufbereiteten Ölen. Hier können wir uns gut vorstellen, sie in Alltagsprodukten auch im Pkw-Bereich einzusetzen, mit entsprechenden Herstellerfreigaben", so Alexander Hornoff, Entwicklungsleiter bei Motul. Doch gerade daran hakt es noch. Die europäischen Automobilhersteller müssen sich laut Hornoff noch für diese Produkte öffnen, auch wenn sie bei deren Vorstellung großes Interesse zeigten, um auch diese Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Ökobilanz zu nutzen. Der Einsatz von NGEN Hybrid ist derzeit auf Hybride, Plug-in-Hybride und Mild-Hybride aus asiatischer Produktion begrenzt.

Hohe Anforderungen

Hybrid-Fahrzeuge stellen besondere Anforderungen an das Motoröl, wie Alexander Hornoff erklärt: "Solange genug Strom vorhanden ist, läuft der Verbrenner nur sporadisch. Dadurch kann sich unter anderem vermehrt Kondensat bilden und das Öl läuft nicht immer im optimalen Temperaturbereich. Dementsprechend angepasst muss die Additivreserve für Motorsauberkeit, Korrosions- und Verschleißschutz sein." Auch die wirkungsvolle Verhinderung von LSPI, also der unkontrollierten Frühzündung bei niedrigen Drehzahlen unter Last, wird über die besondere Auswahl der Additive erreicht. "Das Öl muss den Ölkreislauf sauber halten, weil durch die häufigen Startvorgänge auch stärkere Verunreinigungen entstehen, die wiederum zu LSPI führen können", so Hornoff. Außerdem soll das Öl geringe Kraftstoffverbräuche ermöglichen und wird deshalb in Viskositäten von SAE 0W-30 bis hinunter zu SAE 0W-8, wie sie etwa Toyota schon empfiehlt, angeboten.


"Wiederaufbereitete Öle sind mit vielen Vorurteilen behaftet, die aber nicht mehr stimmen."

Alexander Hornoff, Motul


Mit Vorurteilen belastet

Die Basisöle im Motorradbereich bestehen im Gegensatz zu den Hybridölen aus bis zu 75 Prozent hochwertig regeneriertem Altöl. "Damit haben wir die Möglichkeit, aktiv in die Kreislaufwirtschaft einzusteigen. Die Basisöle kaufen wir zu, legen aber Wert auf besonders hochwertige Verarbeitung, sodass sie in der Performance 1 : 1 einem Basisöl aus frischen Rohstoffen entsprechen“, so Hornoff. Dafür durchlaufen sie bis zu zehn Prozessstufen aus Filter-, Separations- und Extraktionsverfahren, um selbst komplexe Verunreinigungen zu entfernen. Danach werden sie mit dem gleichen Additivpaket angereichert wie die Produkte aus frischen Rohstoffen. Zusätzlich sind Esterkomponenten enthalten, die Motul bereits erfolgreich im Motorsport einsetzt. Sie haften an Metalloberflächen und dienen der Reibungsreduzierung und dem Verschleißschutz. "Es haben sich Vorurteile aus der Vergangenheit in Bezug auf wiederaufbereitete Öle verhaftet, die noch aus den 70er- und 80er-Jahren stammen, wo die Öle noch nicht so hochwertig aufbereitet wurden und Verschmutzungen durch Fremdöle, etwa aus Transformatoren, und damit Schadstoffe wie Dioxine eingetragen wurden. Heute ist es von Frischölen kaum mehr zu unterscheiden. Testwerte vom Leistungsprüfstand ergaben im Vergleich zu OE-Ölen sogar leichte Verbesserungen“, erklärt Hornoff. Im Gegensatz zum Pkw laufen beim Motorrad die Nasskupplung und ein gerade verzahntes Getriebe im gleichen Ölkreislauf wie der Motor, die mechanische und thermische Beanspruchung ist dementsprechend höher. Additive und Esterkomponenten in den NGEN-Ölen fangen diese ab.

Rasendes Labor

Castrol testet derzeit in der Formula E in den Fahrzeugen von Jaguar TCS Racing ein wiederaufbereitetes Getriebeöl. Bei den Test- und Entwicklungsaktivitäten von Jaguar TCS Racing wird anfallendes gebrauchtes Castrol-On-Getriebeöl gesammelt und durch ein spezielles Raffinationsverfahren wiederverwendbar gemacht. Das somit einem Kreislauf zugeführte Öl wird unter Verwendung leistungssteigernder Additive zu neuem Getriebeöl für Elektrofahrzeuge und kommt anstelle von frischen Rohstoffen als neues Grundöl im Getriebe des Jaguar I-Type 6 zum Einsatz. Dieses Öl wurde im Rahmen der ABB FIA Formula E World Championship beim Monaco E-Prix 2023 eingesetzt. Dabei zeigte sich die hohe Leistungsfähigkeit des auf Kreislaufwirtschaft ausgelegten Getriebeöls unter anspruchsvollsten Bedingungen. Die gewonnenen Erkenntnisse unterstützen die weitere Entwicklung nachhaltigerer Betriebsflüssigkeiten für Fahrzeuge der Zukunft, ohne dass Kompromisse hinsichtlich Leistungseigenschaften und Effizienz eingegangen werden müssen.

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