Kurzfassung
Für Püforganisationen und die Innungen war es eine Herausforderung, die Kfz-Betriebe über die neuen Anforderungen für das AÜK-Qualitätsmanagementsystem aufzuklären und den Weg zur Akkreditierung zu ermöglichen.
asp: Fast 95 Prozent der Bayerischen Betriebe sind in der AÜK-Akkreditierung für die AU/AUK, GAP/GSP und SP - wem darf man gratulieren?
Thomas Sieber: Durch die Akkreditierung wird das Augenmerk noch mal deutlich auf den Stellenwert der Abgasuntersuchung gelegt. Rein qualitativ gesehen war auch die bisherige Praxis schon gut, aber die europäische Rechtslage verlangt eben die Akkreditierung nach ISO 17020. Über das AÜK-System hat man einen sinnvollen Weg gefunden, der auch für die Werkstätten mit akzeptablem Aufwand machbar ist. Insgesamt war die Umsetzung des AÜK-Systems aber eine Herkulesaufgabe für die Innungen und die Verbände. Insofern kann man allen Beteiligten gratulieren.
Matthias Pfau: Für die Innungen war es tatsächlich eine große Herausforderung, das AÜK-System umzusetzen - schon rein personell. Einerseits war sehr viel Aufklärungsarbeit in Richtung Werkstätten notwendig. Aufgrund der Pandemie war der Außendienst teilweise stark eingeschränkt. Wir haben daher viele Online-Infoveranstaltungen organisiert, um die vielen Fragen der Betriebe zu beantworten. Auch die alle 36 Monate fälligen "normalen" AU-Schulungen sowie Erstunterweisungen zur Abgasuntersuchung liefen teilweise online. Parallel dazu musste zunächst die IT-Infrastruktur geschaffen werden. Die Innung Schwaben hat allein 400.000 Euro in neue IT investiert. Die Schulungszentren sind auch jetzt noch sehr stark ausgelastet, an eine Sommerpause ist nicht zu denken.
asp: Wie groß war das Unverständnis vonseiten der Betriebe, die ja auch bisher schon die AU gemacht haben?
M. Pfau: Es kamen sehr viele Nachfragen, weshalb jetzt noch mal eine Akkreditierung für die AU notwendig sei. Wir mussten immer wieder erklären, dass die ISO 17020 ja nicht die bestehende Anerkennung nach StVZO ersetzt. Es kommt mit der Akkreditierung nur eine weitere Anforderung hinzu. Die Anerkennung als AU-Betrieb läuft nach wie vor nach den Vorgaben der StVZO. Die Akkreditierung nach ISO 17020 ist jetzt aber als zusätzlicher Punkt in der Liste der Anforderungen an einen AU-Betrieb hinzugekommen.
Th. Sieber: Unsere Prüfer waren permanent mit Nachfragen konfrontiert, sie sind ja jede Woche mindestens einmal in den Betrieben und von daher oft der erste Ansprechpartner. Die Kommunikation ist nicht immer einfach, denn die Hintergründe für die Akkreditierung sind nicht so einfach zu verstehen. Allein den Unterschied zwischen Kalibrierung und Eichung zu erklären, ist manchmal eine Herausforderung. Zu erklären, warum die Rückführung der Prüfmittel im Rahmen des Qualitätsmanagements jetzt eben aufgrund der europäischen Vorgaben verlangt wird, kann schon auch recht anstrengend sein.
asp: Aber seit der Umstellung der Scheinwerferprüfung und den neuen Anforderungen an den Bremsprüfstand konnten sich die Werkstätten doch schon mit der Thematik "Rückführung" befassen.
M. Pfau: Die "Richtlinie für die Überprüfung der Einstellung der Scheinwerfer von Kraftfahrzeugen bei der Hauptuntersuchung", kurz Scheinwerferprüfrichtlinie, wurde schon 2016 veröffentlicht. Die Bremsprüfstandsrichtlinie sogar schon im Jahr 2011. Daran kann man sehen, dass eine frühzeitige Veröffentlichung der Vorgaben nicht unbedingt dazu führt, dass die Betriebe schnell in die Umsetzung kommen. Jeder bleibt gerne in der gelernten Routine. Veränderungen schiebt man vor sich her, das ist nur allzu menschlich.
Th. Sieber: Zumal es dann immer wieder neue Übergangsregelungen und redaktionelle Veränderungen der Richtlinien gab, was zu zu einer nicht unerheblichen Verwirrung beigetragen hat. Jeder hat die Vorgaben des Verordnungsgebers anders interpretiert - selbst Experten waren manchmal in der Auslegung überfragt.
asp: Zurück zum AÜK-System - sind jetzt alle Betriebe in der Datenbank und haben Sie alle Bescheinigungen beisammen?
M. Pfau: In Bayern mussten für die rund 6.000 Betriebe eine Menge Dokumente zusammengesammelt werden. Im akkreditierten Bereich liegt die durchschnittliche Betriebsgröße bei 2,5 Personen. Pro Person benötigen Sie im Schnitt sechs Dokumente, die unterschrieben und von uns geprüft werden müssen. Der manuelle Aufwand für die Innung war enorm und wird auch weiterhin hoch bleiben, denn die Datenbank muss aktuell gehalten werden. Daher haben wir den Siegelpreis pro AU erhöht, um zumindest einen Teil der Mehrkosten wieder zu erwirtschaften. Derzeit arbeiten wir trotzdem nicht kostendeckend.
asp: Wie geht es für die im AÜK-System akkreditierten Betriebe jetzt weiter? Werden diese noch alle vor Ort überprüft?
M. Pfau: Die Vorgabe lautet, dass wir innerhalb von sechs Jahren bei allen Betrieben vor Ort gewesen sein müssen, um eine Arbeitsprobe abzunehmen. Bei diesen "Witness-Audits" muss der AU-Inspektor im Betrieb eine AU vollständig vor dem anwesenden Innungsmitarbeiter absolvieren. Jeder AU-Inspektor macht zudem eine Schulung innerhalb von 36 Monaten, auch dort macht er eine AU in der Praxis. Innerhalb von 36 Monaten macht die Innung zusätzlich zur Standard-AU-Prüfung eine QMS-Prüfung aller Betriebe. Das QM-Audit läuft in den gleichen Intervallen wie das normale AU-Audit, deshalb geht das zusammen. Allerdings erhöht sich dadurch der Zeitaufwand um 40 Prozent.
asp: Zum 1. Januar 2023 kommt das Partikelzählen bei der AU - was sind derzeit die häufigsten Fragen?
Th. Sieber: Über die Fachpresse wurde kommuniziert, dass es eine Übergangsregelung geben soll, weil möglicherweise nicht genügend Partikelzähler zur Verfügung stehen könnten - das führt leider sofort dazu, dass sich der eine oder andere Betriebsinhaber erst mal zurücklehnt. Dabei ist explizit nicht von einer Verschiebung die Rede.
M. Pfau: Die Werkstattinhaber fragen sich schon, welcher Hersteller liefern kann und ob er die Zulassung der PTB (Physikalisch Technische Bundesanstalt) in Braunschweig bekommt. Wenn diese nicht vorliegt, können die Geräte nicht ausgeliefert werden. Das erzeugt Unsicherheit!
asp: Was ist zur Ausgestaltung einer etwaigen Übergangsregelung zu sagen?
M. Pfau: Wir wünschen uns eine frühzeitige Kommunikation vonseiten des Verordnungsgebers. Nur so bekommen wir eine Entscheidungsrundlage und nur, wenn wir die Randbedingungen kennen, ist es uns möglich, Betriebe wettbewerbsneutral zu beraten.
Th. Sieber: Man sollte die Investition nicht zu lange hinauszögern, denn wenn das Gerät da ist, muss erst mal der neue Leitfaden aufgespielt werden, die Software muss verknüpft werden etc., das kostet auch noch einmal Zeit, bis man damit operativ arbeiten kann.
Interview: Dietmar Winkler
- Ausgabe 09/2022 S.42 (111.7 KB, PDF)