Nun ist die Hängepartie endlich vorbei. Nach zähem Ringen haben sich Bundestag und Bundesrat auf ein neues Erbschaftsteuerrecht geeinigt. Das Gute vorneweg, für kleinere Betriebe hat sich bezüglich einer möglichen Steuerbefreiung eigentlich nicht so viel geändert. Insgesamt kann man aber festhalten, dass das neue Gesetz noch einmal komplizierter geworden ist, indem neue Ausnahmen und Ausnahmen von den Ausnahmen geschaffen wurden, so dass es viele Stimmen gibt, die davon ausgehen, dass auch dieses neue Gesetz letztlich wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird.
Grundgerüst bleibt erhalten
Das alte Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz sah ein Regelverschonungsmodell und ein Optionsverschonungsmodell vor. Nach der Regelverschonung wurde ein Verschonungsabschlag von 85 Prozent gewährt, das bedeutet 85 Prozent des Betriebsvermögens konnte steuerfrei weitergegeben werden. Bei der Optionsverschonung konnte sogar 100 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei an den Übernehmer übertragen werden. Dabei musste bei der Regelverschonung das übertragene Unternehmen fünf Jahre weitergeführt werden, bei der Optionsverschonung sieben Jahre. Dieses Grundgerüst behält auch das neue Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz bei.
Dabei ist jedoch anzumerken, dass die Optionsverschonung nur dann angewendet werden darf, wenn das Gesamtvermögen höchstens zu maximal 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht.
Bei der Lohnsummenregelung gibt es für kleine Betriebe jedoch eine gravierende Änderung. Musste doch bisher die Lohnsummenregelung erst bei Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern angewendet werden. Das neue Gesetz sieht jetzt hingegen vor, dass die Lohnsummenregelung für Betriebe mit mehr als fünf Arbeitnehmern anzuwenden ist. Die Ausgangslohnsumme umfasst dabei den Durchschnitt der gezahlten Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Weitergabe des Betriebs. Dabei sind in die Lohnsumme alle Löhne, Gehälter und andere Bezüge und Vorteile inklusive Steuern und Sozialabgaben einzubeziehen. Nicht erfasst werden jedoch Vergütungen an Beschäftigte, die sich zum Beispiel im Mutterschutz oder in einem Ausbildungsverhältnis befinden, die Krankengeld nach § 44 SGB V oder Elterngeld beziehen oder an Saisonarbeiter. Diese Beschäftigten werden auch nicht zu der Anzahl an Beschäftigten zur Berechnung der Anwendung der Lohnsummenklausel herangezogen. Vereinfacht gesprochen soll mit der Lohnsummenregelung erreicht werden, dass nur diejenigen Betriebe von einer Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer befreit werden, die die Arbeitsplätze auch in der Zukunft, heißt bei der Regelverschonung über einen Zeitraum von fünf Jahren und bei der Optionsverschonung von sieben Jahren, sichern. So muss in Zukunft für eine Steuerbegünstigung beziehungsweise Steuerfreiheit eine Mindestlohnsumme, bezogen auf die Ausgangslohnsumme, nach einer festgelegten Staffelung erreicht werden ( siehe Tabelle).
Regeln für Lohnsummenprüfung
Das bedeutet im Klartext, dass für Unternehmen mit bis zu fünf Arbeitnehmern weiterhin die Lohnsummenprüfung für die Gewährung von Steuervergünstigungen oder -freiheit entfällt. Bei Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmern, muss bei der Regelverschonung nach fünf Jahren mindestens 400 Prozent der Ausgangslohnsumme als Lohn gezahlt worden sein. Bei der Optionsverschonung verlängert sich die Lohnsummenfrist auf sieben Jahre und es müssen 700 Prozent der Ausgangslohnsumme gezahlt worden sein. Bei Betrieben, die auf Grund der Mitarbeiterzahl dazwischen liegen, gelten obige Staffelungen. Können diese Voraussetzungen (Zahlung der Mindestlohnsumme) jedoch nicht eingehalten werden, weil zum Beispiel die Aufträge zurückgehen und daher Personal entlassen werden muss, so fällt die Steuerbegünstigung beziehungsweise -freiheit nachträglich weg.
Verwaltungsvermögen
Als Verwaltungsvermögen wird vereinfacht gesagt dasjenige Vermögen verstanden, das nicht unmittelbar dem Betrieb dient, beispielsweise an Dritte vermietete Grundstücke, Kunstgegenstände etc. Bisher durfte bei der Regelverschonung das Gesamtvermögen zu maximal 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen bestehen, bei der Optionsverschonung zu maximal 10 Prozent. Dies bedeutete aber, dass maximal 50 Prozent Verwaltungsvermögen auch steuervergünstigt weitergegeben werden konnte.
Das sieht jetzt im neuen Gesetz anders aus. Zunächst wurde der Verwaltungsvermögensbegriff erweitert, so dass zukünftig sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände, also nun auch zum Beispiel Oldtimer zum Verwaltungsvermögen gehören. Das gilt nicht, wenn der Handel mit diesen Fahrzeugen der Hauptzweck des Betriebes ist. Weiterhin wurde im Gesetz neugeregelt, dass maximal 10 Prozent Verwaltungsvermögen steuerbegünstigt weitergegeben werden kann. Ist die Verwaltungsvermögensquote höher, dann kann zwar das Betriebsvermögen begünstigt weitergegeben werden, das über die 10-Prozent-Grenze hinausgehende Verwaltungsvermögen unterfällt jedoch der normalen Besteuerung, das heißt ohne Begünstigungen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung, mit der die alten Regelungen des Erbschaftsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärt wurden, insbesondere auch betont, dass es nicht sein könne, dass große Unternehmensvermögen genauso von der Steuer befreit sind wie kleine Betriebe. Für diese stelle die Erbschaft- oder Schenkungsteuer eine tatsächliche Belastung dar. Daher hat der Gesetzgeber in der neuen Regelung eine Schwelle von 26 Millionen Euro eingeführt. Ab dieser Schwelle fällt zukünftig tatsächlich Erbschaft- oder Schenkungsteuer an.
Der kleine Ausschnitt aus dem neuen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz macht eines deutlich: Einfacher ist dieses neue Gesetz wirklich nicht geworden - das kann man jetzt schon festhalten.
Kurzfassung
Für kleine Betriebe ändert sich durch die Steuerreform nicht viel. Sie können auch weiterhin auf eine weitgehende Befreiung von der Erbschaftsteuer zählen. Insgesamt wird das Gesetz komplizierter und Klagen dagegen sind zu erwarten.
Kommentar
Ende des Jahres 2014 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die steuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen verfassungswidrig sind. Die Politik hat es nicht geschafft, bis zu der ihr gesetzten Frist, den 30.06.2016, ein überarbeitetes Gesetz vorzulegen. Erst am 14.10.2016 einigten sich Bundestag und Bundesrat über einen Kompromissvorschlag. Und dann so etwas. Dafür hat es sich nicht gelohnt zu warten! Das einzig Positive an der Neuregelung ist, dass mittelständische Betriebe unter gewissen Voraussetzungen weiterhin von einer Steuerbelastung befreit werden können. Es bleibt aber abzuwarten, wann diese Gesetzesregelung wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landet.Barbara Lux-Krönig Wirtschaftsprüferin Steuerberaterin
- Ausgabe 12/2016 Seite 52 (236.5 KB, PDF)