Geht es um die Beseitigung unangenehmer Gerüche im Fahrzeuginnenraum, fällt in vielen Fällen das Schlagwort "Ozonbehandlung". Seit Jahren arbeiten Werkstätten und Fahrzeugaufbereiter mit Ozongeneratoren zur Geruchsbeseitigung und Desinfektion von Klimaanlagen. Außer Frage steht, dass die Methode in den meisten Fällen unangenehme Gerüche dauerhaft beseitigt. Für eine desinfizierende Wirkung, etwa in Klimaanlagen, gibt es jedoch keinen wissenschaftlichen Nachweis. So heißt es im Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin von 2010: "Aufgrund des Zerfalls in zuerst atomaren und später in den weniger wirksamen molekularen Sauerstoff und wegen seines geringen Eindringvermögens in biologisches Material ist Ozon zur Raumluftdesinfektion (...) nur wenig geeignet."
Gefährdungspotenzial
Während die Desinfektion von Trinkwasser mittels Ozon ein standardisiertes Verfahren und wegen der Eigenschaften im Wasser auch gut geeignet ist, sieht es bei der Desinfektion von Raumluft anders aus. Das US-Gesundheitsministerium sowie die US-Umweltschutzbehörde EPA unterlegen dies seit Jahren mit Studien, die unter anderem auch auf die Gefährlichkeit von Ozongeneratoren zur Reinhaltung der Raumluft eingehen. In Deutschland gibt es dagegen (noch) keine Hinweise von staatlichen Gesundheitsstellen. Seit August 2015 gibt es zumindest vom Umweltbundesamt eine Stellungnahme (Bundesgesundheitsblatt 2015-58:1192) zum Einsatz von Luftreinigern. Darin heißt es unter anderem: "Die Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) des Umweltbundesamtes kann den Einsatz von Luftreinigern, die eine Entfernung oder chemische 'Umwandlung' in harmlose Stoffe (Wasser, Kohlendioxid) von gasförmigen organischen Verbindungen, Geruchsstoffen und Bioaerosolen versprechen, in Innenräumen nicht empfehlen, solange es keine anerkannten standardisierten Prüfverfahren gibt, welche die Wirksamkeit und Emissionsfreiheit der Geräte unter den Bedingungen des Innenraums belegen und eine Gesundheitsgefährdung für den Raumnutzer ausschließen." Zur Relativierung des Gefährdungspotenzials durch Ozongeneratoren für Fahrzeuginnenräume muss allerdings angemerkt werden, dass sich viele der oben genannten Ausführungen auf größere Anlagen zur Raumluft- oder Lebensmitteldesinfektion beziehen, wo Personen permanent dem Ozon ausgesetzt sind. Solche Anlagen produzieren zig Kilogramm des Gases in der Stunde. Generatoren für Anwendungen in Fahrzeugen bewegen sich dagegen im Milligramm-Bereich, doch auch hier können kritische Grenzwerte erreicht werden.
Grenzwerte
Nach der Technischen Regel für Gefahrstoffe TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe" ist Ozon als Krebs erzeugend Kategorie 3 eingestuft. Für den Umgang mit Ozon in den Betrieben galt bis Ende 2005 ein gesetzlicher Grenzwert von 0,1 ml/m3. Für Ozon gibt es derzeit keinen Arbeitsplatzgrenzwert. Zurzeit befasst sich der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) mit der Festlegung eines aktuellen Arbeitsplatzgrenzwertes. Bis zu dessen Veröffentlichung sollte man sich, auch im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung, an einen Richtwert auf Basis internationaler Grenzwerte von 0,06 ml/ m3 (0,12 mg/m3) halten.
Je nach Konzentration riecht Ozon sehr intensiv nelken-, heu- oder chlorähnlich, etwa wie nach einem Gewitter oder bei Kopiergeräten. Die menschliche Nase nimmt Ozon schon ab einer Konzentration von 0,01 ml/m3 wahr. Im Vergleich zu anderen Reizgasen bedeutet dies: Der Mensch riecht normalerweise geringste Mengen Ozon und ist so in der Lage zu reagieren, bevor eine Gefährdung zu erwarten ist. Der Nachteil - was den Geruch betrifft - ist der so genannte Gewöhnungseffekt, d. h., schon nach kurzem Aufenthalt in ozonbelasteter Luft wird es von der Nase nicht mehr wahrgenommen.
Ozon ist ein sehr reaktionsfreudiges Molekül und zerfällt bei Raumtemperatur in reiner Luft mit einer Halbwertzeit von ca. 20 bis 100 Stunden in den ungefährlichen Luftsauerstoff. Die Halbwertzeit ist hier die Zeit, in der sich die Ozonkonzentration halbiert hat. Bei Anwesenheit von Katalysatoren, Licht oder Wärme oder wenn das Gas nicht mehr mit anderen Substanzen (Geruchspartikel) reagieren kann, kann die Halbwertzeit bis in den Minuten- bzw. Sekundenbereich sinken.
Reaktionsfreudig
Ozon ist ein sehr reaktionsfreudiges Gas und äußerst starkes Oxidationsmittel. Dies bewirkt die Geruchsbeseitigung, aber auch eine mögliche Gesundheitsgefährdung, denn es reizt Schleimhäute der Atemwege und Lunge, führt zu Augenreizungen und Leistungsabfall. Die Liste der Gefahrenhinweise in den Bedienungsanleitungen ist entsprechend lang. 2010 machten außerdem die Lungenärzte der Deutschen Lungenstiftung (DLS) auf ein weiteres Problem aufmerksam: "Wissenschaftler in Kalifornien haben festgestellt, dass Ozon sich mit Nikotin und weiteren Bestandteilen des Zigarettenrauchs zu feinstaubhaltigen Aerosolen verbindet, die bis in die kleinsten Atemwege eindringen können", erläutert Prof. Harald Morr, Vorstandsvorsitzender der DLS. Mit der beliebten Ozon- Behandlung bei Raucherautos treibt man nach seinen Worten "den Teufel mit dem Beelzebub" aus. Im Fahrzeug selbst kann Ozon mit verschiedenen Materialen und Oberflächen reagieren. Vor allem Gummiteile, wie Dichtungen oder auch der Reservereifen, können unter der Behandlung leiden und spröde werden. Ist das Fahrzeug nach der zwingend erforderlichen Innenreinigung nicht komplett abgetrocknet oder liegt die Luftfeuchtigkeit bei über 50 Prozent, bildet sich schädliches Salpeter. Bei Temperaturen über 25 Grad lässt außerdem die Wirkung von Ozon spürbar nach. Um körperliche Reaktionen bei den Kunden zu vermeiden, sollten behandelte Fahrzeuge solange wie möglich, mindestens aber eine Stunde, gelüftet werden, idealerweise mit laufender Lüftung.
Fazit
Ozon beseitigt alle Arten von Gerüchen im Auto. Eine desinfizierende Wirkung, etwa in Klimaanlagen, ist nicht nachgewiesen. Wird die Methode regelmäßig angewandt, sollten Mitarbeiter Atemmasken tragen, sobald sie die Türen nach Abschluss der Behandlung öffnen, um das Gerät zu entfernen. Zumindest für Raucherautos sollte man sich Alternativen wie Kalt- oder Heißvernebelung überlegen. Im Sinne der Gesundheit und damit der Zufriedenheit der Kunden ist ausgiebiges Ablüften Pflicht. Unbedingt sollte man sich an die Hinweise der Hersteller in den Betriebsanleitungen halten.
Kurzfassung
Ozon ist durchaus zur Geruchsbeseitigung im Auto geeignet und hat sich seit einigen Jahren bewährt. Da es sich chemisch gesehen um ein giftiges Reizgas handelt, sollte man im Umgang jedoch Vorsicht walten lassen.
- Ausgabe 07/08/2016 Seite 44 (198.5 KB, PDF)