Kfz-Mechatroniker-Ausbildung
Elektrifizierte Antriebe stellen die Kfz-Werkstatt vor neue Herausforderungen. Seit August 2013 sind sie Bestandteil der Mechatroniker-Ausbildung. Der Trainingskoffer von AVL Ditest bietet eine praxisnahe und sichere Lösung für die Ausbildung.
Das Ziel der Bundesregierung mit einer Million zugelassener Elektro-Autos bis 2020 auf deutschen Straßen scheint in weiter Ferne. Doch es herrscht Bewegung im Markt. Zumindest prozentual sind hohe Steigerungsraten zu verzeichnen. So verdoppelte sich 2013 die Zahl der Elektro-Pkw innerhalb eines Jahres auf knapp über 6.000 Einheiten. Im März 2014 wurden 823 E-Mobile neu zugelassen, was einem Plus von 330 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat entspricht. Die Gesamtzahl der Elektrofahrzeuge belief sich laut KBA zu Beginn des Jahres auf 15.850, davon 7.110 rein elektrisch betriebene Pkw und ca. 1.120 Plug-In-Hybride, der Rest verteilt sich auf Krafträder, Busse und Lkw. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Bestand damit um 78 Prozent gestiegen. Auch wenn die reinen Zahlen noch gering sind, zeigen die Steigerungsraten den Trend der kommenden Jahre.
Neue Anforderungen
Die alternativen Antriebskonzepte stellen die Werkstattmitarbeiter vor neue Herausforderungen, weshalb das Thema „System- und Hochvolttechnik“ seit August 2013 ein neuer Schwerpunkt in der überbetrieblichen Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker ist. Speziell dafür hat AVL Ditest einen Demo- und Trainingskoffer mit dem Hochvolt-Diagnosemodul HV Safety 2000 entwickelt, der ein Höchstmaß an Sicherheit und eine praxisnahe Testmöglichkeit für die Aus- und Weiterbildung bietet. Im überbetrieblichen Ausbildungszentrum der Innung des Kfz-Gewerbes in Krefeld zeigte AVL Ditest den Einsatz von Trainingskoffer und Diagnosegerät, eingerahmt von Fachvorträgen zur Notwendigkeit und Umsetzung der Hochvolt-Thematik in der Mechatroniker-Ausbildung.
Prof. Dr. Martin Burgmer von der Universität Flensburg, der maßgeblich an der Gestaltung des Ausbildungsplanes mitgewirkt hat, ging auf die Veränderungen im Berufsbild des Kfz-Mechatronikers vor dem Hintergrund zunehmender Elektromobilität ein. Er hielt fest, dass die durch gesetzliche Vorgaben und Kundenwünsche getriebenen Weiterentwicklungen der Fahrzeughersteller in der Folge auch zu einer Erweiterung und Differenzierung der anzuwendenden Betriebsmittel sowie deren Anwendungsbedingungen führt, und konkretisierte dies am Beispiel der Hochvolt-Technik. Mit der Neuordnung der Ausbildungsverordnung zum August 2013 trage man dem Ziel Rechnung, dass Auszubildende für jede Form elektrotechnischer oder nichtelektrotechnischer Tätigkeiten, bei der die Möglichkeit einer elektrischen Gefährdung besteht, qualifiziert sein müssen. Dabei handelt es sich im Prinzip um bekannte Tätigkeiten wie Messen, Instandsetzen oder Austauschen, allerdings eben an oder in der Nähe von elektrischen Anlagen, zunächst beschränkt auf HV-eigensichere Fahrzeuge. Eigensicher bedeutet dabei, dass durch technische Maßnahmen am Fahrzeug für den Mitarbeiter ein vollständiger Berührungs- und Lichtbogenschutz gegenüber dem Hochvoltsystem gewährleistet ist. „An den Handlungsfeldern des Mechatronikers (erhalten, prüfen, wiederherstellen und erweitern) wird sich nichts ändern, wohl aber an den Inhalten“, so Professor Burgmer, und nennt als eine der Aufgaben, die in Zukunft in der Werkstatt erbracht werden müssen, die Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit von HV-Systemen. Dazu zählen zum einen die nach DIN VDE 0105 Teil 1 festgelegten Tätigkeiten wie das Freischalten des Systems, die Sicherung gegen Wiedereinschalten, Feststellen der Spannungsfreiheit usw. Darüber hinaus sind die Überprüfung der Isolationsfestigkeit von HV-Systemen sowie des On-Board-Isolationswächters Grundprüfungen für jede Wartung oder Reparatur an HV-Fahrzeugen.
Logische Konsequenz
Hochvolt-Systeme bergen einerseits ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für die Werkstattmitarbeiter während der Wartungs- oder Reparaturarbeiten, andererseits müssen Werkstätten in Zukunft auch für die Zuverlässigkeit und Sicherheit der HV-Systeme sorgen können. „Während und nach allen Arbeiten an Hybrid- oder Elektrofahrzeugen sind die Überprüfung der Spannungsfreiheit und Isolationsfestigkeit der HV-Systeme unerlässliche Grundüberprüfungen, die jeder Kfz-Mechatroniker der Zukunft beherrschen sollte. Das Thema E-Mobilität nun auch als fixen Kursinhalt im Lehrplan des Ausbildungsrahmenplanes für Kfz-Mechatroniker zu verankern, war somit die logische Konsequenz“, sagt Prof. Burgmer. Im Auftrag des BIBB (Bundesinstitut für berufliche Bildung) erarbeitete Burgmer eine Ausstattungsliste für die überbetrieblichen Ausbildungsstätten in Deutschland, die u. a. auch ein Hochvolt-Messmodul enthält. Dieses muss die strikte Einhaltung aller Sicherheitsanforderungen in der Werkstatt garantieren, als „all-in-one“-Gerät alle Anforderungen der UNECE 100 erfüllen und ohne zusätzliche Stromversorgung oder Batterien, sondern allein über den Standard-USB-Anschluss funktionieren. Zusätzlich muss ein Trainingskoffer zur Simulation unterhalb des Hochvolt-Bereiches für ein interaktives Lernkonzept verfügbar sein. Das Messmodul muss eine einfache, menügeführte Messung der Spannungsfreiheit mittels integriertem Voltmeter bis zu 1000 Volt sowie eine durchgehende Dokumentation (Einstellungen, Prüfmitteltest, Testergebnisse, Testbericht) ermöglichen. Auch die Messung des Isolationswiderstandes zur Prüfung der Isolationsfestigkeit sowie die Messung des Potentialausgleiches muss möglich sein.
Sicherheitsrisiken
Die detaillierten Anforderungen an die Ausbildungsinhalte im Bereich Hochvolttechnik dienen vor allem der Sicherheit und Zuverlässigkeit der HV-Systeme. Vor allem in der Werkstatt muss sicheres Arbeiten oberste Priorität haben. Die Herstellung der Spannungsfreiheit (Freischalten) eines Fahrzeuges geschieht durch Ziehen des „Service Disconnect“-Steckers. Allerdings baut sich die Spannung im System nur langsam ab, weswegen so lange gemessen werden muss, bis das Messmodul Spannungsfreiheit anzeigt. Danach sind Vorkehrungen gegen das Wiedereinschalten zu treffen, d. h. der Stecker muss an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Da die Isolationsfestigkeit durch Alterung der Isolierungen oder beispielsweise durch unsachgemäße Kabelverlegung nach einer Unfallreparatur ausfallen kann, ist sie bei deaktiviertem HV-System mit von außen angelegter, im Bereich der Batteriespannung des E-Fahrzeuges liegender Prüfspannung sicherzustellen. Nach Abschluss der Arbeiten, z. B. Teiletausch, muss zur fehlerfreien Herstellung der Hochspannung der Potentialausgleich mit einem vorgeschriebenen Strom von einem Ampere gemessen werden. Damit wird sichergestellt, dass zwischen unterschiedlichen Modulen des HV-Systems keine Spannungsunterschiede herrschen, die im ungünstigen Fall zu einem Stromschlag führen können. Da es sich um Hochvoltsysteme handelt, kann sich ein Lichtbogen bilden, der weitaus gravierendere Folgen hat als ein „normaler“ Stromschlag.
Bernd Croenlein und Markus Tauer führen im Opel-Werk die Ausbildung im Bereich Hochvoltsysteme durch und erläuterten die verschiedenen Qualifizierungsstufen der HV-Ausbildung. Diese regeln genau, wer welche Arbeiten an einem HV-Fahrzeug durchführen darf. Eine Qualifikation nach Stufe 3 „Fachkundiger für Arbeiten an HV-Fahrzeugen“ ist bei Opel verpflichtend. Demnach dürfen Arbeiten an HV-Fahrzeugen nur nach festgelegter Arbeitsanweisung durchgeführt werden.
Daten für alle ab 2015
Mit Inkrafttreten von Euro 5/6 ab 2015 müssen alle Hersteller ihre Daten, wie Arbeitsanweisungen, Sicherheitsdatenblätter etc., zur Verfügung stellen. Diese sind dann auch für freie Werkstätten über einen geschützten Internetzugang mit entsprechender Legitimation verfügbar. Für Innungsbetriebe sind die Passwörter kostenfrei, ansonsten reichen die Kosten für den Zugang von ca. 10 Euro pro Tag bis zu 3.500 Euro für ein Jahresabo. Datenblätter mit Bebilderung sind auch in der AVL-Datenbank verfügbar. Dieter Väthröder
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Anforderungsgerechte Lösung
Um den Auszubildenden den korrekten Einsatz der Messtechnik praxisnah demonstrieren zu können, müssen Bildungseinrichtungen über mindestens ein E- oder Hybridauto verfügen. Der AVL DITEST Demo- und Trainingskoffer stellt hierzu eine optimale Ergänzung für die eigensichere Ausbildung dar. Er ist für alle Fahrzeugkategorien vom Motorrad über den Pkw bis zum Nkw einsetzbar und bietet die Möglichkeit, Fehler praxisgerecht zu simulieren, was an einem intakten Fahrzeug nur schwer möglich ist. Der Koffer ist als mobile Einheit gestaltet, die das Messgerät AVL DITEST HV Safety 2000 sowie einen Hochvolt- Demonstrator beinhaltet, an dem alle Sicherheitsregeln und praktischen Messungen vor- und ausgeführt werden können. Der Trainingskoffer ist als „all-in-one“-Gerät ausgelegt, mit dem eine einfache, menügeführte Messung der Spannungsfreiheit unter strikter Einhaltung aller Sicherheitsanforderungen in der Kfz-Werkstatt demonstriert werden kann. Die Prüfschritte werden dazu durchgehend protokolliert. Ein eingebauter Spannungsgenerator sorgt für die sichere, aktive Messung des Isolationswiderstandes mit einer Prüfspannung von bis zu 1.000 Volt. Darüber hinaus kann mit dem HV Safety 2000 aus dem AVL DITEST Trainingskoffer eine Potentialausgleichsmessung entsprechend UNECE R100 mit einem Prüfstrom von 1 Ampere durchgeführt werden. Die Stromversorgung des HV Safety 2000 funktioniert über eine Standard-USB-Schnittstelle, die reproduzierbare Genauigkeit der Messungen ist durch die Kalibrierbarkeit des Gerätes sichergestellt.
Potenzialausgleichsmessung
- Ausgabe 4/2014 Seite 81 (4.3 MB, PDF)