Wird für sog. Raucherpausen das Entgelt weiter gezahlt, so dürfen Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht. Das hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 2 Sa 135/15).
Der Arbeitgeber hatte im vorliegenden Fall zunächst keine Einwände, wenn seine Arbeitnehmer den Arbeitsplatz zum Rauchen verließen, ohne am Zeiterfassungsgerät aus- und wieder einzustempeln. Dementsprechend wurde ohne Kenntnis des Umfangs der Pausen kein Lohnabzug vorgenommen. Dann erließ der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung, wonach das Rauchen ab 01.01.2013 nur noch in den speziell ausgewiesenen Raucherzonen erlaubt sei und die Zeiterfassungsgeräte davor und danach zu benutzen seien. Es wurde dabei klar gestellt, dass Rauchen weiterhin erlaubt sei, solange "wie bisher betriebliche Belange nicht beeinträchtigt werden."
Einem Mitarbeiter wurden über einen längeren Zeitraum täglich 60 bis 80 Minuten Zigarettenpause nachgewiesen, von der Arbeitszeit abgezogen und nicht vergütet. Der klagende Arbeitnehmer machte dann geltend, ihm stehe nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung die Bezahlung des "Fehlbetrages" zu. Durch die Betriebsvereinbarung sei der arbeitsvertragliche Anspruch aus betrieblicher Übung nicht wirksam geändert worden.
Das Landesarbeitsgericht Nürnberg ist dieser Auffassung entgegentreten. Die Belegschaft habe gewusst, dass der Arbeitgeber vor Einführung der Betriebsvereinbarung keinen Überblick über den Umfang der einseitig genommenen Raucherpausen hatte. Er konnte daher Einwendungen wegen der Dauer oder der Häufigkeit nur schwer erheben und erst recht nicht zum Anlass für Lohnkürzungen nehmen, so die Richter in ihrer Begründung. Die Einführung der Pflicht zur Benutzung der Zeiterfassungsgeräte müsse dem Arbeitnehmer Hinweis genug gewesen sein, dass sich diese Praxis nun ändere und Umfang und Häufigkeit der Pausen einer Kontrolle zugeführt werden.
Das Landesarbeitsgericht hat zur Ablehnung des schutzwürdigen Vertrauens auf die bezahlten Pausen die Rechtsprechung zur privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit herangezogen. Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Duldung oder Gestattung des Arbeitgebers sich nur auf einen zeitlich angemessenen Umfang erstrecke und eine Stunde private Internetnutzung am Tag zu viel seien (BAG 2 AZR 581/04). Werde dieser Maßstab angelegt, so durfte der klagende Arbeitnehmer nicht von einer Duldung seiner langen und häufigen Raucherpausen ausgehen. Darüber hinaus seien selbst die vorgeschriebenen Pausen nach dem Arbeitszeitgesetz unbezahlt. (Gregor Kerschbaumer)
Hintergrund:
Als betriebliche Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen dürfen, ihnen soll eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Bei der Anspruchsentstehung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Verpflichtungswille des Arbeitgebers bestand, sondern darauf, wie die Arbeitnehmer die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers verstehen mussten.