Erwirbt ein Käufer einen Gebrauchtwagen und ergibt sich der Verdacht einer möglichen Straftat, so ist der Käufer verpflichtet, diesem Verdacht nachzugehen. Andernfalls kann er kein rechtmäßiges Eigentum an dem Fahrzeug erwerben. Dies wurde vom Landgericht München in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: 26 O 13347/14).
Der Kläger führt eine Gebrauchtwagenfirma. Ein Leasingnehmer des Beklagten bot ihm ein Fahrzeug zum Kauf an, dessen Zulassungsbescheinigung Teil II (Eigentümernachweis) gefälscht war: der Leasingnehmer war in beiden Zulassungsbescheinigungen als Halter eingetragen. Zur Herstellung der gefälschten Urkunde wurde ein Blanko-Formular verwendet, das in einem Rathaus entwendet wurde. Der Kläger kaufte das Fahrzeug, um es privat zu nutzen. Das Fahrzeug wurde zugelassen, wobei die Fälschung nicht erkannt wurde. Der Kläger ist der Auffassung, gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe der (Original-)Zulassungsbescheinigung Teil II zu haben, weil er das Fahrzeug gutgläubig vom Nichtberechtigten erworben hat. Der Beklagte meint hingegen, der Kläger wäre seiner Nachforschungspflicht grob fahrlässig nicht nachgekommen, insbesondere hätten ihm als Händler die Verdachtsmomente auffallen müssen.
Das Landgericht hielt die Klage des Käufers für begründet. Er sei gutgläubig Eigentümer des Fahrzeugs geworden, weswegen er auch Eigentümer der Zulassungsbescheinigung Teil II geworden sei. Er könne daher die Herausgabe vom Leasinggeber verlangen. Im Gebrauchtwagenhandel seien hohe Anforderungen an den guten Glauben des Käufers an die Verfügungsberechtigung des Verkäufers zu stellen. Insbesondere ergäben sich weit reichende Nachforschungspflichten, wenn besondere Umstände den Erwerber auf eine "verdächtige Verkaufssituation" hinweisen.
Im vorliegenden Fall jedoch habe der Käufer seine Sorgfaltspflichten erfüllt. Er habe sich zum einen erkundigt, ob das Fahrzeug gestohlen sei, weil ihm der auffällig geringe Kaufpreis von 30 bis 40 Prozent unter Wert Anlass zu Zweifeln gaben. Andererseits durfte er sich mit der Begründung der unterschiedlichen Dokumentennummern der beiden Zulassungsbescheinigungen zufrieden geben: das Original des Eigentümernachweises sei eingezogen und neu ausgestellt worden. Weitergehende Prüfungen waren nicht erforderlich, so das Landgericht in seiner Urteilsbegründung. (Gregor Kerschbaumer)