Scheinbar im Nirgendwo steht ein Rokokojuwel, wie es prachtvoller kaum sein könnte. Das verwundert. Und in der Tat hat die Wieskirche in der Gemeinde Steingaden eine sehr ungewöhnliche Entstehungsgeschichte. Denn der Überlieferung nach sollen Tränen, die eine Bäuerin am 14. Juni 1738 in den Augen einer Statue des Gegeißelten Heilands zu sehen glaubte, den Anstoß für den Bau der Kirche gegeben haben. Ein Jahr später führten Gebetserhörungen und Wallfahrten zum Bau einer kleinen Feldkapelle neben dem Haus der Bauern, die "auf der Wies" wohnten.
Der beengte Wallfahrtsort platzte schnell aus allen Nähten, so viele Gläubige pilgerten nach Steingaden. Eine größere und pompösere Kirche – die heutige Wieskirche – wurde von den berühmten Brüdern Johann Baptist und Dominikus Zimmermann erbaut und dem Heiligen Joseph geweiht. Die Baukosten brachten die Gemeinde an den Rande des Ruins. Statt der ursprünglich geplanten 39.000 Gulden verschlang die Kirche 180.000 Gulden.
1983 wurde die Wieskirche zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt und in Folge dessen abermals für 10,6 Millionen DM restauriert. Heute besichtigen jährlich über eine Million Besucher aus aller Welt den prachtvollen Wallfahrtsort im Stil des Rokoko. Sie beten in der Stille. Umgeben von Wiesen und Feldern, unberührt vom hektischen, modernen Leben.
In der Wieskirche finden übrigens auch Trauungen statt. Uns hingegen erwartet am ersten Rallye-Tag vor dem Weltkulturerbe der erste Stempelkontroll-Stopp. Anschließend kehren wir im Gasthof Moser, einem traditionsreichen bayerischen Ausflugslokal mit gemütlichem Biergarten, zu einem zünftigen Weißwurst-Frühstück ein. (jko)