Sein Name war eine Prophezeiung. Der Anfang 1975 vorgestellte VW Polo sollte nicht nur an das Ballspiel zu Pferde erinnern, sondern auch an den legendären Weltreisenden Marco Polo. Tatsächlich entwickelte sich der erste Kleinwagen aus Wolfsburg mit praktischer Heckklappe und anfangs asketischen 29 kW/40 PS zu einem Kosmopoliten mit Produktionsstätten auf fast allen Kontinenten; seit 2024 kommen die in Deutschland verkauften Polo aus Südafrika. Mehr als 20 Millionen Polo in sechs Generationen hat Volkswagen bereits produziert, damit erreicht der Kleinwagen fast die Popularität des VW Käfer, dessen Nachfolge er 1975 gemeinsam mit seinem großen Bruder Golf antreten sollte.
Bis der Käfer in den Ruhestand ging, sollte es zwar noch dauern, aber der Polo legte selbst eine spektakuläre Karriere hin. Ob mit riesigem Rucksack (Derby 1977), als Öko-Polo mit 2,0 Liter Verbrauch (1988), als bunter Harlekin (1995), als CrossPolo (2006), als 318 PS starkes Kraftpaket Polo R WRC (2015) oder als mehrfacher Rallye-Weltmeister: Der Kleine erlangte Kultstatus und überlebte Konkurrenten wie den Ford Fiesta.
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Nur der Anfang war holprig, denn der Polo kam als Klon des 1974 eingeführten Lifestyle-Minis Audi 50 auf die Welt, allerdings mit einem Geburtsfehler: Volkswagens erster moderner Kleinwagen durfte nur 7.500 Mark kosten und verzichtete deshalb auf Komfort- und Sicherheitsattribute: Kahle Blechflächen im Interieur, Trommelbremsen, nicht einmal eine Tankanzeige. Erst als er im vollen Ornat des Audi 50 vorfuhr, setzte sich der VW durch – und tötete 1978 zugleich seinen Genspender im Zeichen der Ringe.
50 Jahre VW Polo
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Mit jeder Generation hat sich der Polo weiter in Richtung Mini-Golf entwickelt. Allein das Wachstum der Fahrzeuglänge von 3,50 Meter (1975) auf heute 4,07 Meter (entspricht einem Golf III) und die Verdoppelung des Leergewichts von anfangs leichten 685 Kilogramm auf heute bis zu 1.372 Kilogramm zeigen, dass der Polo keine Größengrenzen kennt. Bei den Verkaufszahlen fährt der Polo traditionell in einer Klasse für sich: Weltweit zählt er zu den meistverkauften Kleinwagen aller Zeiten, in Deutschland rangiert er bis heute unter den Top Ten der Zulassungscharts – mit dem Opel Corsa als einzigem ernsthaften Konkurrenten.
Das könnte sich in diesem Herbst ändern, wenn mit dem VW ID2 der erste kleine Volks-Stromer und potenzielle Brudermörder an den Start geht. Zuvor aber feiert Volkswagen das Gold-Jubiläum des Polo auf Oldtimer-Messen wie der Bremen Classic Motorshow. Dort lässt ein ozeanblau lackierter Polo in gehobener L-Ausstattung – also mit "Extras" wie Teppichboden, Gepäckraumabdeckung und von außen abschließbarer Beifahrertür – den Zeitgeist der bunten 1970er Jahre wieder aufleben. Damals, als der Polo die Nachfolge alter Heckmotortypen wie dem NSU Prinz antrat und in Vergleichstests sogar moderne Frontantriebspioniere wie den Fiat 127 und den Renault 5 hinter sich ließ.
Polo: Stilprägende Formen
Vorsprung visualisiert der erste Polo auch in stilprägenden Formen, in einer genialen Mischung aus norddeutscher Sachlichkeit und italienischer Eleganz. Helmut Warkuß, der spätere Chefdesigner des VW-Konzerns, verantwortete den Audi 50, aus dem der Polo hervorging. Allerdings galten die italienischen Karosserieschneider bei Volkswagen als erste Adresse für extravagante Formen in beschwingter Leichtigkeit. Deshalb wurden die ersten 1:1-Modelle des Audi 50 bei der Carrozzeria Bertone präsentiert. Dort durfte Chefdesigner Marcello Gandini, zuvor verantwortlich für die spektakulärsten Sportwagen von Lamborghini und Maserati, dem designierten Wolfsburger Millionseller – Audi 50 und VW Polo liefen im Stammwerk vom selben Band – den letzten Schliff geben.
Den klassischen Spar-Käfer konnte der Polo nicht verdrängen, das gelang erst dem größeren Golf. Aber dieser Mini-Golf – die Modellbezeichnung wurde neben Bonito, Euros, Pony und Polo diskutiert – machte die Wolfsburger nach und nach zu einer Macht im neuen Marktsegment der modernen Kompaktwagen mit Schrägheck. Dabei setzte der Polo bereits 1976 auf Sondermodelle wie die "Jeans mit Motor" (eine Reminiszenz an den Jeans-Käfer) und die 1977 vorgestellte Version Derby. Dieser Polo mit klassischem Stufenheck und riesigem Kofferraum lockte konservative Opel-Kadett- oder Ford-Escort-Fahrer an.
Wichtiger für das Image waren aber giftige Rennsemmeln wie ein 81 kW / 110 PS starker Bergracer, der in der Jubiläumsausstellung auf der Bremen Classic gezeigt wurde. Derweil versprach der Polo GT als Leichtgewicht im Golf-GTI-Look ab 1979 sportlichen Fahrspaß, den die 44 kW/60 PS unter der Haube zwar nicht wirklich halten konnten – ein Fiat 127 Sport war deutlich flotter –, aber das kümmerte die Kundschaft wenig. Schließlich setzte der Polo Maßstäbe in puncto Produktqualität, deren Glanz auch das anfangs schnell rostende Blech nicht trüben konnte. Tatsächlich brauchte der Polo um 1980 kaum einen der vielen neuen Konkurrenten fürchten, deren Entwicklung er mit vorangetrieben hatte. Gleich ob Opel Kadett City, Fiat 133, Volvo 66, Ford Fiesta, Chrysler Sunbeam, Mitsubishi Colt, Citroen Visa, Toyota Starlet, Austin Metro oder Opel Corsa, die Ölkrisen der 1970er Jahre führten zu einer Flut neuer Kleinwagen.
Polo: Potenzial voll ausgeschöpft
Diese starke Konkurrenz war für die Wolfsburger Ansporn, das Potenzial des Polo voll auszuschöpfen: Mit avantgardistisch anmutendem Kombi-Steilheck und als kleines Coupé wagte der 1981 komplett erneuerte Polo neue Designkonzepte. Hinzu kamen mutige Modelle wie der farbenfrohe Polo Harlekin, der minimalistische Polo Fox und der von einem G40-Lader beflügelte Polo GT, die den Kurzen mit Charisma aufluden und die weltweite Polo-Produktion auf insgesamt 3,8 Millionen Einheiten ansteigen ließen. Der Polo III – von 1994 bis 2001 gebaut – erreichte mit 3,72 Metern Länge bereits das Format des Golf I. Passend dazu präsentierte sich dieser Polo erstmals als Fünftürer, Variant und GTI-Edition. Aber auch die Faltdachvariante "Open Air" war ein Verkaufsschlager. Das Ergebnis: 3,5 Millionen Polo III in nur sieben Jahren, und der vierte Polo (2001-2009) mit dem "Happy Face" toppte diese Zahl noch einmal um 600.000 Einheiten. Inzwischen gab es ihn auch als viertürige Limousine, als CrossPolo im Offroad-Look und mit bis zu 132 kW/180 PS in der GTI Cup Edition.
Geht noch mehr?
Der Polo V (2009-2017) gab die Antwort: 6,3 Millionen Einheiten sind ein neuer Rekord. Außerdem gab es zwischenzeitlich vier gewonnene Rallye-Weltmeisterschaften zu feiern. Der aktuelle Polo hat es bisher auf respektable 2,5 Millionen Einheiten gebracht, Volkswagen weiß offenbar doch noch, was viele Kunden wollen.
Ob sich Oldtimerfans für den Polo interessieren, beantwortet Frank Meißner von Classic Analytics: "Der leichtgewichtige Polo gehörte bis weit in die 90er Jahre zu den Lieblingen aller Autotuner, einen nicht modifizierten Polo der ersten oder zweiten Generation zu finden, wird daher heutzutage ziemlich schwer. Begehrtestes Topmodell ist immer noch der Polo G40, der im guten Zustand nicht unter 14.500 Euro zu bekommen ist."
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![VW ID.Buzz Pro langer Radstand (2025) VW ID.Buzz Pro langer Radstand in der Seitenansicht in ländlicher Umgebung im November](https://cdn.autoservicepraxis.de/thumb_690x389/media/5172/1-vw-id-buzz-pro-seitenansicht-stehend.jpg)