Bis 2020 müssen Bremsprüfstände, die für die Hauptuntersuchung (HU) eingesetzt werden, den neuen Vorgaben entsprechen. Doch was genau unterscheidet nun die neuen Bremsprüfstände von den älteren Modellen? Konkret ist es die Fähigkeit die ermittelten Daten bei der HU an den HU-Adapter in Echtzeit zu übertragen. So ist es möglich eine Messung im mittleren Bremsbereich ohne Blockieren der Räder durchzuführen. Dabei werden über eine standardisierte Datenschnittstelle, genannt Asanetwork-Livestream, die am Rollen- oder Plattenprüfstand erfassten Messwerte in Echtzeit mit der über die OBD-Diagnose ermittelten Pedalkräfte ins Verhältnis gesetzt.
Viele Werkstattbetreiber fragen sich, welchen Nutzen sie hiervon haben. Die Antwort: Die Prüfmethoden der aktuellen HU ermöglichen nur mäßig differenzierte Aussagen über die Bremskraftverteilung auf die Achsen eines Fahrzeugs. Gefahren, welche zum Beispiel durch minderwertiges Material entstehen, werden nicht sicher erfasst. Denn falsche Reibwerte können hier zu deutlich längeren Bremswegen führen. Um Sicherheit zu gewährleisten, werden bei der HU die Bremsprüfverfahren dem technischen Fortschritt angepasst. Sowohl für den Bremsprüfstand als auch für die Prüffahrt kommen jetzt Referenzwerte zum Einsatz. Diese grenzen einen Messbereich ein, in dem sich das Verhältnis von Bremskraft beziehungsweise Verzögerung des Fahrzeuges zu Bremsdruck befinden muss, um eine ausreichende Bremswirkung sicherzustellen. Diese Referenzwerte werden für jeden Fahrzeugtyp bei der FSD (Fahrzeugsystemdaten GmbH) in Dresden und Radeberg separat ermittelt, um typspezifische Unterschiede zu berücksichtigen ( siehe Kurzinterview mit Jürgen Bönninger).
Die Vorteile der Messmethode liegen klar auf der Hand - dennoch taucht immer wieder die Frage auf, ob Asanetwork-Livestream eine Vernetzungssoftware im Sinne von Bosch Connected Workshop ist. Hierzu Peter Rehberg, Geschäftsführer der asanetwork GmbH: "Nein, Asanetwork-Livestream hat primär die Aufgabe, für den HU-Adapter Messwerte des Bremsprüfstands zu übertragen. Dazu wird die etablierte Infrastruktur des Asanetworks verwendet. Wenn man Asanetwork-Livestream vergleichen möchte, dann mit dem klassischen Asanetwork, das einen zeitlich unkritischen Austausch von Auftrags- und Fahrzeugdaten gewährleistet. Bei Asanetwork-Livestream geht es aber ausschließlich um die zeitlich schnelle (live) Übertragung von Bremskraft-Messwerten."
Schnelle Übertragung
Dabei ist Asanetwork-Livestream keine spezielle Software alleine nur für den HU-Adapter. Sie ist zwar Kommunikationsmittel zwischen Bremsprüfstand und HU-Adapter, "hat sonst aber keinen Bezug zum HU-Adapter", wie Peter Rehberg erklärt. Denn, "ob ich die live übertragenen Messwerte im HU-Adapter oder in einer anderen Software verwerte, ist Asanetwork-Livestream egal." Nicht egal sind aber die Hardware-Voraussetzungen. Hier muss der Prüfingenieur prinzipiell einen Router zur Verbindung der Komponenten und einen PC mit einem Asanetwork-Netzwerkmanager bereitstellen. Auch das Thema Updates ist differenziert zu betrachten. So ist nach Peter Rehberg "für den Bremsprüfstand der jeweilige Hersteller verantwortlich. Für den HU-Adapter ist es die FSD. Die asanetwork GmbH hingegen stellt sicher, dass der Netzwerkmanager immer mit den jeweils aktuellen Betriebssystemen funktioniert."
In der Praxis läuft die Nutzung der Schnittstelle bislang zwar noch nicht perfekt, wie Herbert Kallinich vom ASA-Verband im Interview erklärt ( siehe S. 18). Aber das seien normale Anlaufschwierigkeiten. Erich Brandl, der schon vor zwei Jahren in einen neuen Bremsprüfstand für seinen Betrieb investiert hat, bringt es auf den Punkt: "Obwohl die Schnittstelle bisher kaum genutzt wurde, wird sie spätestens 2020 enorm an Bedeutung für die HU gewinnen." Der Geschäftsführer des Auto-E. Brandl E.K. Kfz-Meisterbetrieb erklärt: "Es war abzusehen, dass mit der näherkommenden Umsetzung der Bremsprüfstandsrichtlinie Prüfstände mit Asanetwork-Livestream im Preis deutlich anziehen werden. Wir haben daher bereits im Jahr 2016 einen neuen Bremsprüfstand mit Schnittstelle, auch zu unserem PC, angeschafft."
Kurzfassung
Asanetwork-Livestream sollte spätestens seit Oktober 2011 jedem Kfz-Profi bekannt sein. Wer es nicht kennt, wird ab 1. Januar 2020 Probleme mit der HU auf dem Bremsprüfstand bekommen. Asanetwork-Livestream hilft dabei im Rahmen der Bremsprüfstandsrichtlinie, die Daten des Bremsprüfstands live an den HU-Adapter zu übertragen. Wie das funktioniert und was dabei zu beachten ist, erklärt unter anderem Peter Rehberg, Geschäftsführer der Asanetwork GmbH.
Kurzinterview mit Jürgen Bönninger von der FSD
asp: Weshalb ist es so wichtig, dass die am Bremsprüfstand erhobenen Daten in Echtzeit an den HU-Adapter via Asanetwork-Livestream übermittelt werden? Würde eine zeitversetzte Auswertung nicht auch genügen?J. Bönninger: Der HU-Adapter wird bereits seit dem Jahr 2015 bei der Prüfung der Bremsanlage eingesetzt. Die FSD stellt dafür die entsprechenden Vorgaben bereit. Grundsätzlich ist für die Nutzung des HU-Adapters kein Asanetwork-Livestream zum Bremsprüfstand erforderlich. Mittels HU-Adapter werden lediglich die über die Diagnoseschnittstelle des Fahrzeugs verfügbaren Daten (z.B. Druckwerte, Bremsanforderungssignale u.a.) genutzt und an die Produktionsanwendung des Prüfers übertragen. Der Prüfer hat die Möglichkeit, die auf dem Prüfstand gemessenen Bremskraftwerte entweder per Hand in seiner Produktionsanwendung einzugeben oder die Werte per Livestream vom Prüfstand an die Produktionsanwendung (u.a. Smartphone, Tablet oder Laptop) übertragen zu lassen.Für den Fall, dass der Prüfer bei der Prüfung auf dem Rollenprüfstand den komfortablen Weg über Livestream nutzt, soll die Übertragung der gemessenen Werte auf dem Rollenprüfstand an die Produktionsanwendung ohne signifikanten Zeitverzug geschehen, sodass die gemessenen Bremskraftwerte den entsprechenden Bremsanforderungssignalen zugeordnet werden können. Bei der Prüfung auf einem Plattenprüfstand ist ein Zeitverzug der Übertragung der auf dem Prüfstand gemessenen Bremskraftwerte an die Produktionsanwendung des Prüfers ohne Belang, da die Zuordnung der integralen Mittelwerte der Bremskräfte zu dem integralen Mittelwert der Bremsanforderung ohnehin erst nach dem Stillstand des Fahrzeugs erfolgt.asp: Welchen Nutzen haben Werkstätten von einer Datenübertragung in Echtzeit an den HU-Adapter?J. Bönninger: Laut Bremsprüfstandsrichtlinie und entsprechender Übergangsvorschriften sollen Bremsprüfstände ab 2020 unabhängig von einem Einsatz des HU-Adapters über eine standardisierte Datenschnittstelle verfügen. Das Vorhandensein einer Datenschnittstelle an einem Bremsprüfstand wird somit Voraussetzung für die Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften.asp: Welche Erfahrungen haben Sie seit 2011 mit der Einführung der neuen Bremsprüfstandrichtlinie mit Asanetwork-Livestream gemacht?J. Bönninger: Die Funktionen von Schnittstelle und Netzwerkmanager werden seit 2011 von Jahr zu Jahr stabiler.
- Ausgabe 03/2018 Seite 22 (191.8 KB, PDF)