Die Stände etwas luftiger als sonst, die Gänge breiter und am Ende der Westhall sogar eine große Sitzecke – hat die Messekrise mittlerweile auch die CES erfasst? Mitnichten. Denn in den anderen Hallen platzt die Consumer Electronics Show wie eh und je aus allen Nähten, nicht umsonst ist sie die womöglich größte, ganz sicher aber wichtigste Branchenschau für Unterhaltungselektronik und digitales Gedöns. Nur in der eigens für die Mobilitätsbranche neu aus dem Boden gestampften Westhall geht es in diesem Jahr etwas ruhiger zu.
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Während die Chinesen allen politischen Verstimmungen zwischen Washington und Peking zum Trotz auch in der Spielermetropole groß auffahren, die Japaner ein paar Premieren angeschleppt haben und uns Marken wie John Deere oder Caterpillar mit elektrischen Radladern und autonomen Traktoren beweisen, dass smarte Mobilität nicht auf die Straße beschränkt ist, glänzen ausgerechnet die Erfinder des Autos mit Abwesenheit: Nachdem allen voran Mercedes, aber auch Audi und VW die CES mit jahrelanger Aufbauarbeit erst ins Bewusstsein der Petrolheads gerückt haben, überlassen sie die Bühne plötzlich kampflose der Konkurrenz und schauen sich den Zukunftsgipfel nur als Zaungäste an.
Magerkost der deutschen Premiummarken
Dabei mangelt es nicht an der Präsenz prominenten Personals: Über die Hotelflure und durch die Messehallen wabern reichlich deutsche Wortfetzen und es kann einem gut passieren, dass man vor der Schlange zum Hotelaufzug auf Mercedes-Chef Ola Källenius trifft oder auf VW-Vorstand Oliver Blume – nur auf dem Podium sieht man die PS-Bosse aus der alten Welt eben nicht. Nicht auf den Ständen und schon gar nicht bei den großen Keynote-Präsentationen, die Mercedes früher gerne mal als Las Vegas-würdige Unterhaltungsshows mit reichlich Bühnenzauber inszeniert hat.
CES-Impressionen 2025
BildergalerieBMW zeigt Flagge
Audis und Porsches PPE-Plattform, das erste Mercedes-eigene Betriebssystem für den so wichtigen CLA-Nachfolger und seine vier Ableger oder gar ein digitaler Befreiungsschlag, der VW aus dem bleischweren Stimmungstief der müden MEB-Modelle reißen könnte? Wer die Deutungshoheit über die Zukunft des Automobils verteidigen oder gar zurück erobern will, der muss mehr zeigen als das Imax-Streaming bei einem US-Partner für S-Klasse & Co oder einen autonomen ID-Buzz mit dem Sensorset eines Zulieferers.
Immerhin ein Stammspieler aus der alten Welt scheint das begriffen zu haben: BMW zeigt auch in diesem Jahr Flagge. Nur dass auch die Bayern nicht die Neue Klasse dabeihaben, auf die alle warten. Weil sie die erst im Herbst auf der IAA enthüllen wollen, den Spannungsbogen bis dorthin aber hoch halten müssen, schneiden sie mit ihrem "Panoramic iDrive" die nächste Scheibe von der PS-Salami. In einer XXL-Installation zeigen sie, wie die Frontscheibe zum Display wird, wie sie mehr Informationen übersichtlicher darbieten und den Fahrer mit einer geschickten Balance aus alten und neuen Eingabetechniken vor dem digitalen Overkill schützen wollen. Und ganz nebenbei beerdigen sie damit den iDrive-Controller, jenen so genannten Dreh-Drück-Steller, mit dem sie vor 20 Jahren und acht Generationen schon mal eine Revolution in Cockpit losgetreten haben.
Dass die Bayern – IAA im eigenen Land hin, Sparmaßnahmen her – in Las Vegas Flagge zeigen, war für Entwicklungschef Frank Weber selbstverständlich. "Dass unsere Autos ganz ordentlich fahren, das nimmt man uns ab. Aber hier wollen wir den Beweis antreten, dass wir es auch bei der Digitalisierung mit den besten aufnehmen können." Einen Beweis, den frühere CES-Schwergewichte wie Mercedes, VW oder Audi zumindest in Las Vegas schuldig bleiben.