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Interview: "Kunden in den Betrieb holen"

27.07.2017 11:00 Uhr
Arne Büchner
Arne Büchner gibt Tipps, welche Events in der Werkstatt sinnvoll sind.
© Foto: Arne Büchner

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asp: Herr Büchner, was empfehlen Sie Kfz-Betrieben für Aktionen, um das saisonale Werkstattgeschäft anzukurbeln?

A. Büchner: So widersprüchlich es klingt: Beim saisonalen Werkstattgeschäft ist ein antizyklisches Vorgehen wichtig. Wenn ich beispielsweise mein Lager räumen und Winter-Kompletträder an den Mann bringen möchte, sollte ich sie im Sommer und nicht im Winter verkaufen. Das Geheimnis ist, diese Räder nicht zu einem Zeitpunkt zu verkaufen, wo ich von einem hohen Bedarf ausgehen kann.

asp: Warum nicht?

A. Büchner: Das hängt mit der Preiswahrnehmung des Kunden zusammen. Im Winter wissen alle Kunden, was Winterräder kosten. Im Sommer weiß es keiner, weil niemand damit konfrontiert wird. Es gibt keine bunten Werbeprospekte und die Bekannten reden auch nicht darüber. Es ist schlichtweg kein Gefühl für die Preise der Winterräder vorhanden. Folglich ist der Kfz-Betrieb bei der Preisgestaltung viel freier. Das Gleiche gilt übrigens umgekehrt für typische Produkte im Sommer, die ich wiederum im Winter verkaufen sollte. Eine Klimaanlagen-Wartung sollte im Winter und nicht im Sommer angeboten werden.

asp: Interessanter Ansatz. Spielt denn der Kunde beim antizyklischen Verkauf mit?

A. Büchner: Der Kunde nimmt es mir viel eher ab, wenn ich ein spezielles Sommer-Angebot für Winterräder oder ein Winter-Angebot für Sommerräder offeriere. Was glauben Sie, was ich für eine hohe Aufmerksamkeit habe, wenn ich Winterräder bei 35 Grad Außentemperatur verkaufe? Ich erhöhe zudem die Verkaufschancen, da ich viel weniger Wettbewerb habe. Die meisten Kfz-Betriebe machen den gleichen Fehler und vermarkten Sommerprodukte im Sommer und Winterprodukte im Winter. Das ist aber uninteressant, da der Wettbewerb dann wahnsinnig stark ist und es ohnehin eine große Auswahl gibt.

asp: Zieht dieses Vorgehen nicht vor allem die Schnäppchenjäger an?

A. Büchner: Es geht ja nicht nur darum, damit viel Geld zu verdienen. Ziel ist es, das Lager leer zu bekommen und Kapital flüssig zu machen. Da sind Rabatte natürlich in Ordnung. Mit dem Erlös kann ich dann wieder in andere Ware investieren, mit der sich mehr Gewinn machen lässt. Kfz-Betriebe haben ja häufig das Problem, dass beispielsweise nicht nur Reifen der letzten Saison auf Lager sind, sondern auch ältere Reifen, die schon drei oder vier Jahre auf dem Buckel haben. Ein paar Prozente hier und da helfen nicht mehr. Hau die Dinger raus, selbst wenn es der halbe Preis ist. Natürlich kann ich Winterräder auch im Winter zu günstigen Konditionen verkaufen, ich werde aber geringere Chancen haben, da die anderen das auch tun.

asp: Wie sollte ein Kfz-Betrieb vorgehen, wenn er eine bestimmte Produktkategorie aus dem Lager abverkaufen möchte?

A. Büchner: Hier muss ich alle Werbekanäle nutzen, die ich habe. Tischaufsteller und Flyer können gerne verwendet werden. Letztendlich möchte ich aber gezielt verkaufen und lade deshalb Kunden schriftlich ein und spreche sie kurz darauf, innerhalb von 48 Stunden, telefonisch an. Die zweite Möglichkeit, die fast schon in Vergessenheit geraten ist, ist der klassische Flohmarkt. Der Betrieb sollte zu einem Flohmarkt einladen und die Kunden ganz offen darauf hinweisen, dass beispielsweise das Lager für Winterräder an einem Samstag von 10 bis 14 Uhr geräumt wird. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst und dazu gibt es noch Hammerpreise.

asp: Wie sollte man bei der Organisation eines Flohmarktes vorgehen?

A. Büchner: Einer unserer Kunden hatte im letzten Sommer einen Teile-Flohmarkt für Youngtimer veranstaltet. Die haben zunächst Plakate gedruckt, Radiowerbung gemacht und das Ganze auf der Facebook-Seite des Autohauses angekündigt. Auf dem Flohmarkt gab es dann unterschiedliche Stände, unter anderem für Felgen, Reifen und Karosserie- sowie Bremsenteile unterschiedlichster Marken. Kaffee und Kuchen haben die ebenfalls angeboten. Das war ein unglaublicher Erfolg: Es kamen Leute von sehr weit her, die sonst niemals in das Autohaus gekommen wären. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, das anders über das Autohaus gesprochen und hier beispielsweise die Youngtimer-Kompetenz hervorgehoben wurde.

asp: Gibt es Produkte, die sich auf einem Flohmarkt besonders gut verkaufen lassen?

A. Büchner: Ein Flohmarkt eignet sich besonders gut für Teile, die schon fast für das Museum gedacht sind. Viele Autohäuser sitzen auf Teileschätzen, die finanztechnisch eine Katastrophe, aber perfekt für einen Flohmarkt sind. Das zieht neue Leute an, die dann auch Kunden des Autohauses werden können.

asp: Was gibt es noch für Aktionen, die Kfz-Betriebe durchführen können?

A. Büchner: Ich wundere mich immer wieder darüber, dass Werkstätten sich neue Geräte anschaffen oder Dienstleistungen anbieten, ohne das wirklich publik zu machen. Jede neue Hebebühne oder Wuchtmaschine wird von den Werkstätten als selbstverständlich erachtet. Warum? Wenn ich investiert habe, muss ich doch meinen Kunden zeigen, welchen Mehrwert ich für sie geschaffen habe.

asp: Wie soll das denn funktionieren?

A. Büchner: Einige Kfz-Betriebe haben sich beispielsweise ein Gerät für die Spülung von Automatikgetrieben gekauft, aber die kommunizieren das nicht. Stattdessen wird eine Getriebespülung neben der Inspektion gemacht, was ich für einen großen Fehler halte. Wer so ein Gerät hat, muss seine neue Kompetenz zeigen und ganz gezielt Kunden einladen, um zu erklären, wie die Spülung des Getriebes funktioniert - und zwar markenübergreifend. Ich versichere Ihnen: Die große Mehrheit lässt sich davon überzeugen, dass sie so etwas auch haben möchten. Eine Spülung kostet mit Neufüllung so um die 400 bis 800 Euro und der Vorher-Nachher-Effekt ist beeindruckend.

asp: Lässt sich dieses Konzept auch auf andere Bereiche übertragen?

A. Büchner: Natürlich. Manche Kfz-Betriebe haben beispielsweise sehr gut organisierte Reifenlager. Das weiß nur kein Mensch. Wer so ein tolles "Reifenhotel" hat, muss dafür auch Werbung machen. Man muss dem Kunden im Rahmen eines Tages der offenen Tür zeigen, dass die Reifen ordentlich gelagert und was für Maschinen verwendet werden. Das Ganze funktioniert auch im Bereich Auto-Aufbereitung, wenn man beispielsweise besondere Pflegeprodukte und Verfahren nutzt. Der Aufwand muss verdeutlicht werden. Kfz-Betriebe zeigen nur das Vorher und Nachher, nicht den Prozess dazwischen. Ich muss meine Kompetenzen hervorheben. Denn die Leute kaufen dort, wo die Kompetenz ist. Leider haben viele Autohäuser hier noch Nachholbedarf.

asp: Ist es in Zeiten der Digitalisierung überhaupt noch notwendig, seine Kompetenz vor Ort zu demonstrieren?

A. Büchner: Wir gehen immer davon aus, dass der Kunde schon alles im Internet gelesen hat und sich auskennt. Meistens hat er aber im Detail wenig Ahnung. Wenn mir jemand ein Produkt gut erklären kann, kaufe ich das doch lieber beim Fachhändler vor Ort. Über die Digitalisierung wird alles getan, um den Kunden aus dem Autohaus fernzuhalten. Wir sollten aber alles tun - ob digital oder analog - den Kunden in den Betrieb hereinzuholen. Der reine digitale Kontakt lässt in den Augen der Kunden die Kompetenz des Betriebes schwinden. Sie sind dann vergleichbar mit allen anderen.

Interview: Alexander Junk

Kurzfassung

Aftersales-Experte Arne Büchner vertritt die Auffassung, saisonspezifische Kfz-Teile nicht in der Saison, sondern antizyklisch zu verkaufen. Betriebe sollten ihre Kompetenzen zudem besser herausstellen und dem Kunden auch präsentieren.

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