Neue Fügeverfahren
Karosserieleichtbau und die daraus resultierende Mischbauweise erfordern neue Fügeverfahren, denn Stahl, Aluminium, zum Teil Magnesium und faserverstärkte Kunststoffe können nicht mit konventionellen Mitteln verbunden werden. Eines dieser neuen Fügeverfahren ist das Setzen so genannter Impact-Nails.
Wer Verbrauch und Emission von Kraftfahrzeugen massiv senken will, muss (auch) deren Gewicht reduzieren. Das erfordert alternative Ka- rosseriematerialien und diese wiederum neue Fügeverfahren. Hierzu haben sich die Automobilhersteller in jüngster Ver-gangenheit einiges einfallen lassen, leider nicht immer bis ins Detail dasselbe, so dass markenspezifische Eigenheiten – Thema Gewährleistung – zu beachten sind.
Im Zusammenhang mit Kleben
Beim Fügen von Karosserieteilen unterscheidet man mechanische, thermische und Klebeverfahren. Hier soll es nur um neue mechanische Fügeverfahren gehen. Deren Gemeinsamkeit: Sie werden in der Regel im Zusammenhang mit einem an- deren Fügeverfahren, dem Kleben, angewandt. Bereits bekannt sein dürften das Stanz- und Blindnieten. Beim Stanznieten wird ein Stahlniet (in Verbindung mit Alu Zink-beschichtet) ohne Vorbohren über Niederhalter (oben) und Matritze (unten) in das Blechmaterial gedrückt, wodurch eine sowohl kraft- als auch formschlüssige Verbindung entsteht. Formschlüssig, weil der Niet durch die obere Blechlage ge- drückt und in der unteren Lage aufgespreizt wird. Bei Reparaturen setzt man, je nach Herstellervorgabe und Zugangsmöglichkeit, Stanznieten (zwischen den ursprünglichen Bohrungen), Fließform- oder Blindnieten oder man bohrt die Nieten aus und verschweißt Bolzen.
Um einseitig nieten zu können, besteht ein Blindniet aus Niethülse und Zugdraht. Per Blindnietwerkzeug wird der Niet in die Bohrung gesetzt und am Zugdraht gezogen, bis sich die Niethülse gänzlich zusammengezogen hat, zum Abschluss wird der Zugdraht bündig gekappt. Ein weiterer Vorteil dieses Fügevebrfahrens besteht in der guten Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Bohrungsdurchmesser. Die flexible Blindniethülse kompensiert das Differenzmaß, zumindest bis zu einer bestimmten Größe. Im Reparaturfall hält man am Blindniet fest. Auf die gleiche Weise lassen sich übrigens auch Gewindebuchsen (Blindnietmuttern) und -bolzen (-schrauben) in Bohrungen setzen.
Steigerungsform: Fließformniet
Wo ein Blindniet an seine Grenzen stößt, kommt der Fließformniet zum Einsatz – Stichwort unterschiedliche Bohrungsdurchmesser. Wie der Name es bereits vermuten lässt, beherrscht der Fließformniet diese Disziplin weit besser als der Blindniet. Das vorherige Bohren von Niet-löchern ist verzichtbar, weil diese Aufgabe von Stanzstempel und -matritze, also vom identischen Basiswerkzeug, übernommen wird. Der Fließformniet ist eine ausschließliche Reparatur-Fügeverbindung.
Ohne verbindendes Bauteil
Auch das Clinchen ist kein gänzlich neues Fügeverfahren. Seine Besonderheit ist das Fehlen eines verbindenden Bauteils (Niet, Schraube etc.). Stattdessen werden die Bleche direkt miteinander verbunden, was Stempel und Matritze bewerkstelligen.
In den meisten Werkstätten und Auto-häusern noch unbekannt sein dürften so genannte Impact-Nails, zu Deutsch Ein-schlag-Nägel. Was aussieht wie Nägel zur Befestigung der Rückwand an einem Ikea-Schrank, wird in der Regel an Aluguss-teilen oder Bauteilen mit nicht zugängigen Hohlräumen eingesetzt. Hier wird deutlich, dass derartige Fügeverfahren oft nur dazu dienen, zu verbindende Bauteile zu fixieren, bis der Kleber reagiert. Ist ein Unfallschaden zu beheben, verwendet man Flow-Drill-Schrauben (FDS).
Dabei handelt es sich um Schrauben, die mit hoher Drehzahl (5.000/min und höher) ohne Vorbohren, aber mit hohem Anpressdruck, in Alubauteile eingedreht werden. Durch Drehzahl und Druck ent-steht Wärme, die das Alumaterial teigig werden lässt. Somit kann die Schraube eindringen und schafft sich durch Materialmitnahme selbst ein Gewinde.
Elektrochemische Korrosion
Moderne Karosserien bestehen nicht aus einem einzigen Material, sondern werden in Mischbauweise konzipiert. Werden die Reparaturvorgaben der Hersteller nicht eingehalten oder wurde ein Verbindungsteil nicht fachgerecht beschichtet, droht elektrochemische Korrosion und somit ein Gewährleistungsfall. Peter Diehl
Herstellungsverfahren
Reparaturverfahren
Stanznieten
beidseitiger Zugang: Stanz-, Fließform- oder Blindnieten
einseitiger Zugang: Blindnieten
Blindnieten
größere Blindnieten
Clinchen
Clinchen
Impact-Nails
Flow-Drill-Schrauben
Flow-Drill-Schrauben
Flow-Drill-Schrauben
Mechanische Fügeverfahren
Spezialwerkzeug
Modulares Fügesystem
Bislang gab es für jedes mechanische Fügeverfahren ein spezielles Werkzeug, zum Teil sogar markenspezifisch. Das soll sich nach dem Willen von Wieländer+Schill nun ändern. Der Karosseriewerkzeug-Spezialist aus Villingen-Schwenningen hat das pneumatisch-hydraulisch arbeitende System X-Press 800 entwickelt, das alle mechanischen Fügeverfahren einschließlich Verbindunglösung beherrschen soll. Dazu wird eine Basiseinheit mit modularen Anbauwerkzeugen ergänzt. Die Basiseinheit wiegt 1,8 Kilogramm und übersetzt die werkstattübliche Druckluftversorgung (zwei bis sechs bar) in zwei hydraulischen Stufen auf 800 bar. Das für Rechts- und Linkshänder gleichermaßen geeignete System erlaubt schnellen Werkzeugwechsel und ist weiter ausbaufähig, so der Anbieter, der zugleich die Vorzüge seines neuen Blindniet-Adapters betont: weltweit der kleinste sowie dreh- und schwenkbar (vgl. Bild).
MV Marketing und Vertriebs-GmbH & Co. KG
www.wielanderschill.com
Weiterbildung
Themen und Termine
Dieser Artikel entstand auf Basis von Informationen und Demonstrationen der KTD GmbH, Calw. Der Weiterbildungsdienstleister auf dem Gebiet der Karosserieinstandsetzung ist sowohl für Automobilhersteller und -importeure als auch für den freien Reparaturmarkt tätig. Die Tabelle unten enthält die aktuellen Weiterbildungsthemen und -termine. Hinzu kommen individuelle Trainings, deren Inhalte und Zeiträume von den Auftraggebern selbst festgelegt werden können.
KTD GmbH
Tel. 07051/9694-0
info@ktd-online.de
www.ktd-online.de
Bereich
Bezeichnung
Kurzbeschreibung
Dauer
Termine (beispielhaft*)
Karosseriereparatur
Aufbau-Training
Karosserietechnik, Fügeverfahren, Messtechnik, Blechbearbeitung
zwei Tage
18./19. Juni, 19./20. November 2012
Vertiefungs-Training
höher- und hochfeste Stähle, strukturelle Reparaturen, Teilersatz
zwei Tage
20./21. Juni, 21./22. November 2012
MIG-Löten
praktisch orientierter Lehrgang mit Übungsmöglichkeit
zwei Tage
24./25. Mai, 24./25. September 2012
Kalt-Fügeverfahren
in Kooperation mit dem ZKF, am Beispiel BMW
zwei Tage
16./17. April, 11./12. Oktober 2012
Alu-Außenhaut-Reparatur
in Kooperation mit dem ZKF
zwei Tage
21./22. Mai, 12./13. November 2012
Außenhaut-Ausbeulen
praktisch orientierter Lehrgang mit Übungsmöglichkeit
zwei Tage
auf Anfrage
lackschadenfreies Ausbeulen
Beseitigung von Park- und Hagelschäden
zwei Tage
03./04. Mai, 08./09. November 2012
Wassereintritt, Geräusche
gezielte Fehlersuche in Theorie und Praxis
zwei Tage
12./13. März, 15./16. November 2012
Lackreparatur
Tipps und Kniffe bei derReparaturlackierung
in Kooperation mit Ford, Effektfarbtöne, Mattlacke, Folierung,Werkzeuge, Materialien, Farbtonmessgeräte
zwei Tage
28./29. März, 15./16. Oktober 2012
Glasreparatur
Scheibenausbau, Neuverglasung
Für und Wider verschiedener Reparaturtechniken
ein Tag
auf Anfrage
Karosserieelektronik
Elektronikdiagnose in derKarosseriereparatur
in Kooperation mit dem ZKF, Elektronikdiagnose, Inbetriebsetzung nach Karosseriereparatur, 70 Prozenz Praxisanteil
zwei Tage
23./24. April, 22./23. Oktober 2012
*weitere Termine auf Anfrage
Trainings bei KTD
- Ausgabe 2/2012 Seite 14 (424.5 KB, PDF)