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Neue Zeiten

16.12.2011 12:02 Uhr
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Ab April 2012 werden rund um die HU eine Reihe von Änderungen in Kraft treten. VdTÜV-Pressesprecher Johannes Näumann gab asp einen umfassenden Einblick in die zu erwartenden Veränderungen durch das HU-Paket.

Eines der großen Ziele der Europäischen Union ist die drastische Reduzierung der Anzahl der Toten und Verletzten durch Verkehrsunfälle in Europa“, schickt Johannes Näumann vorweg. Eine Fülle von Maßnahmen wurde bereits umgesetzt, um diesem Ziel näher zu kommen. Ein Bündel solcher Maßnahmen ist in der Richtlinie 2009/40/EG zusammengefasst. Im Zuge der Berücksichtigung des technischen Fortschritts ist die Richtlinie 2009/40/EG durch die Richtlinie 2010/48/EU überarbeitet worden. Wie in Europa üblich müssen solche Richtlinien binnen vorgegebener Fristen in nationales Recht der Mitgliedsstaaten übertragen und in Kraft gesetzt werden. Die Richtlinie betrifft die periodische Überwachung der Kraftfahrzeuge (Hauptuntersuchung) und die Beurteilung dabei festgestellter Mängel, was in Deutschland im § 29 der StVZO geregelt ist. In der Anlage 8a zu diesem Paragraphen wird der grobe Rahmen der Untersuchung, also die Prüfmethode sowie der Umfang der Pflicht- und Ergänzungsuntersuchung, vorgegeben, welcher in der HU-Richtlinie präzisiert wird. Johannes Näumann: „Der 1. April 2012 ist ein wichtiges Datum für die Hauptuntersuchung in Deutschland“. Wenn der Bundesrat im kommenden Februar zustimmt, beginnt für die 60 Jahre alte Hauptuntersuchung eine neue Zeitrechnung.

Mangelbaum schafft Klarheit

Auf alle Fälle wird der neue Mangelbaum in Kraft treten. Dabei handelt es sich um einen neuen, zwischen allen Prüforganisationen in Deutschland abgestimmten Katalog aller möglichen Mängel, welcher jedem Mangel zuordnet, ob er als gering oder erheblich einzustufen ist. Zum Beispiel die Überprüfung der Bremse: Betriebsbremswirkung, Feststellbremswirkung, Gleichmäßigkeit, Funktion der Anlage, Abstufbarkeit, Löseverhalten und Dichtheit gehören zum grundsätzlichen Prüfumfang. Zusätzlich werden die Hilfsbremswirkung und die Funktion der automatischen Blockierverhinderer im Notfall zusätzlich überprüft, wenn der Sachverständige feststellt, dass bei der Pflichtuntersuchung schon manche Auffälligkeiten entdeckt wurden. Dann erfolgt automatisch eine vertiefende Überprüfung. Auf der Richtlinie 2010/48/EU beruht das jetzige System und zukünftig auch der Mangelbaum. Bisher hat jede Überwachungsorganisation ihr eigenes System auf Basis dieser Richtlinie zusammengestellt. Das hat dazu geführt, dass ein und derselbe Fehler mal gering oder erheblich sein kann. Mancher hat es strenger oder weniger streng gesehen. Ein Beispiel ist die Beleuchtung. Da steht bisher bei den TÜV: Wenn der Abblendscheinwerfer zu hoch ist: Abblendlicht Einstellung zu hoch, zu tief, Richtung. Da kann die Werkstatt allerdings nichts mit anfangen. In Zukunft heißt es: Abblendlicht rechts zu hoch. Dann weiß jeder genau, wo der Fehler liegt. Das ist der Unterschied, Ansonsten kann ein Prüfingenieur auch direkt die Mangelnummer eingeben. „Der Sachverständige, welcher schon länger im Geschäft ist, der weiß genau: Mindestabbremsung nicht erreicht, das ist Mangelnummer 101, erheblich. Dann gibt er in das TÜV-System Mangelnummer 101 EM ein und dann ist der Fehler gespeichert. Ansonsten müsste er das manuell eingeben und zusätzlich den Text editieren. Dadurch gab es unterschiedliche Beschreibungen für denselben Mangel. So war ein Mangel bei jeder Prüforganisation anders beschrieben. Und das wird nun mit dem Mangelbaum vereinheitlicht“, so Johannes Näumann. Der Mangelbaum ist zwischen den Überwachungsorganisationen abgestimmt und jeder muss den Mangelbaum verpflichtend so umsetzen. Die Texte sind nicht mehr editierbar. Das heißt, wenn man eine Mangelnummer eingibt, wird die bei jeder Prüforganisation gleich beschrieben. So steht überall: Abblendlicht rechts zu hoch. Das ist dann bundeseinheitlich. Und es gibt im Prüfbericht noch ein Feld Freitext, in welches der Prüfingenieur zusätzliche, nicht im Mangelbaum hinterlegte Mängel aufschreiben kann. Es gibt immer neue Ausstattungen oder Änderungen der Fahrzeuge. Oder es ist tatsächlich etwas vergessen worden bei der Erstellung des Mangelbaums. Alles, was über Freitext erfasst wird, ist automatisch ein erheblicher Mangel. Damit wird verhindert, dass darüber der Mangelbaum umgangen wird. Diese Freitexte werden automatisch an die technische Leitung gesendet und überprüft. Wurde nur etwas im System nicht gefunden oder ist es tatsächlich etwas Neues? Das wird dann über den Arbeitskreis Erfahrungsaustausch (AKE), in dem alle Prüforganisationen und Vertreter der Länder Mitglied sind, eingesteuert und in den Mangelbaum integriert. Johannes Näumann: „Wenn etwas ganz Neues kommt, wie zum Beispiel der Spurhalteassistent, zu dem es noch keinen Text gibt, kommt es zur Meldung.“

Rückdatierung soll entfallen

Schon in der Presse verkündet wurde die Abschaffung der Rückdatierung. Wenn bei einem Fahrzeug die Hauptuntersuchung überzogen wurde, so erhält es bei der HU die Plakette trotzdem für zwei Jahre. Der noch nicht entschiedene Verordnungsentwurf sieht allerdings vor, dass für Fahrzeuge, welche mehr als zwei Monate über dem Termin sind, ein Aufschlag von 20 Prozent auf die Prüfgebühr zu berechnen ist. Der statistisch nachgewiesene Grund dafür ist die Sägezahngrafik, welche besagt, dass die Fehleranzahl an einem Auto nach der Hauptuntersuchung wieder ansteigt und der Prüfingenieur mehr zu tun hat. „Der Mangelbaum bringt in der Summe eine deutliche Verbesserung für die Werkstätten, weil aus einem Mängelreport der konkrete Instandsetzungsbedarf zu erkennen ist“, so Johannes Näumann. Auch die Mängelstatistiken, welche als Grundlage für technische Weiterentwicklungen dienen können, gewinnen an Aussagekraft. Mit der elektronischen Schnittstellenprüfung kommt der Grundsatz Continuous Compliance zum Tragen. Das bedeutet, dass ab Werk verbaute Sicherheitssysteme über das gesamte Autoleben funktionieren müssen. Mit dem HU-Adapter werden die Prüfstellen ab 2013 ausgerüstet sein und die elektronischen Schnittstellenprüfung gilt für Fahrzeuge ab Erstzulassung 1.4.2012.

Jetzt startet das Stufenmodell, welches mit den so genannten M1- und N1-Fahrzeugen (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge) beginnt. Die Funktions- und Wirkungsprüfung beginnt im Jahr 2014, die Zustands- und weitere Überprüfungen kommen ab 2015. Ein Jahr versetzt folgen dann Lkw und Busse und noch ein weiteres Jahr später die Anhänger.

Strengere Hauptuntersuchung

Diese Prüfungen sind datenabhängig und funktionieren nur so gut, wie die von den Fahrzeugherstellern zur Verfügung gestellten und von der FSD überarbeiteten Daten dies erlauben. Die Arbeit mit dem Mangelbaum bietet dem Prüfingenieur Erleichterung bei der Mängeleinstufung, bedeutet allerdings eine strengere HU. Ausgeschlossen ist, dass Fahrzeuge mit erheblichen Mängeln eine Plakette erhalten. Dafür gibt es die Möglichkeit der Mängelschleife, dann kommt der Prüfingenieur nach Reparatur der beanstandeten Mängel nochmals in der Werkstatt vorbei. Vermutlich werden einige Werkstätten ihre Abläufe anpassen müssen. Bernd Reich

▶ Mangelbaum ist die Auflistung aller Mängel mit eindeutiger Einordnung als geringer oder erheblicher Mangel

▶ Mangelnummer ist die vierstellige Katalognummer eines Mangels im Mangelbaum

▶ Mängelschleife Eine Werkstatt kann einen bei der HU entdeckten Mangel beseitigen und prüfen lassen

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