Autowaschen
Für die maschinelle Fahrzeugwäsche soll es bald ein VDA-Siegel geben. Das nützt vor allem den Fahrzeugherstellern. Die Qualität des Waschergebnisses findet darin eher wenig Beachtung.
Es könnte sein, dass in den Bedienungsanleitungen der Autos bald der Empfehlungssatz zu lesen ist: „Lassen Sie Ihr Fahrzeug nur in Waschanlagen waschen, die das VDA-Siegel tragen.“ Gut, wird Lieschen Müller denken, das sind bestimmt Waschanlagen, die mein Auto besonders sauber waschen. Leider haben die Fahrzeughersteller daran weniger gedacht. Vielmehr geht es darum, dass die neuen Fahrzeugkarosserieformen beim Waschen nicht beschädigt werden, Kunststoffleisten, Spiegelhalterungen, Scheibenwischer und eloxierte Materialien der Waschwalze oder Waschchemie auf keinen Fall zum Opfer fallen. So kam man schon 2007 auf die Idee, für Waschanla-gen – insbesondere Waschstraßen und Portalanlagen – ein Siegel einzuführen. Im Richtlinienentwurf fest geregelt sind drei Dinge: chemische Anforderungen (Aggressivität der Reiniger), mechanische Anforderungen (Wasserdrücke und Anpressdruck der Walzen) und Abmessungen. Laut Marc Laude, Vorsitzender des VDA-Arbeitskreises Waschanlagen und somit Repräsentant der Automobilhersteller, gibt es Expertenmeinungen, dass rund 98 Prozent der Portalanlagen und 80 Prozent der Waschstraßen das VDA-Siegel ohne bauliche Veränderungen oder weitere Investitionen erhalten. Es scheint also alles perfekt, so wie es jetzt schon ist. Trotzdem sieht Laude einen Sinn in dem Siegel, denn zum Beispiel die Themen Chemie und Wasserdrücke bergen noch Potenzial für Anpassungen an die Richtlinie. Andere Experten sehen die Thematik Erfüllbarkeit bestehender Anlagen allerdings weniger positiv.
Bauchschmerzen
Die meisten Waschanlagenhersteller und Betreiber solcher Anlagen, Chemie- und Textilhersteller bekommen Bauchschmerzen beim längeren Nachdenken über die VDA-Richtlinie. Vor allem, da zu Beginn nur wenige involviert waren, viele erst aus der Presse über genaue Details erfuhren und man so nicht von Beginn an gemeinsam am gleichen Strang ziehen konnte, um die Interessen der Waschbranche nachdrücklich zu manifestieren. Denn für manchen bedeutet die VDA-Richtlinie ein Umbauinvest von gut 30.000 Euro pro Anlage. Zum Beispiel für die Firma Allguth, die in München 14 von ihren 16 Waschstraßen anpassen müsste, um sich das VDA-Siegel ans Einfahrttor kleben zu dürfen. Für Marc Laude kein Grund, dies allein dem VDA-Siegel zuzuschreiben, schließlich ist seiner Meinung nach die Erhaltung der Markt- und Wettbewerbsfähigkeit eine ständige zentrale, unternehmerische Anforderung. Autohäuser und Werkstätten wird es vermutlich weniger hart treffen, sofern man das VDA-Siegel überhaupt erfüllen will. Denn hier sind weitgehend Portalanlagen im Einsatz, die die Vorgaben zu den Abmessungen in der Regel besser erfüllen.
Problem Waschqualität
Problematik bei den Portalen könnte aber der Chemieeinsatz sein, da die geplanten, freigegebenen Schmutzlösemittel für die Vorwäsche eventuell nicht für ein zufriedenstellendes Waschergebnis ausreichen. So spricht mancher schon von homöopathischer Chemie. Bessere Waschergebnisse wären dann nur drin, wenn die Wassertemperatur erhöht oder die Waschzeit verlängert wird. Dies ist aber wenig praxistauglich. Stichwort: Länger anstehen. Die Chemielieferanten indes sind sich uneinig. Von Dr. Stöcker ist zu hören, dass die zwei geplanten Chemie-Varianten ausreichen, eine praxisnahe Lösung zu finden. Die Firma Stockmeier Chemie aus Bielefeld teilt zwar die Bedenken, will die Richtlinie aber nicht aufhalten und verweist darauf, dass sich in der Praxis eventuell noch Änderungsbedarf zeigt. Am Wunsch aller Beteiligten, Fahrzeuge beschädigungsfrei sauber zu waschen, gibt es grundsätzlich nichts auszusetzen. Im Gegenteil. Zudem hat die Waschbranche erstmals die Möglichkeit, gemeinsam mit der Autoindustrie die Waschfähigkeit der Autos zu besprechen, und kann bei gerichtlichen Auseinandersetzungen auf das Siegel verweisen. Kritiker werfen der VDA-Richtlinie allerdings vor, „dass sie sich ausschließlich an der Verringerung des Schadenpotenzials orientiert und die Waschqualität ausklammert.
Falsche Versprechungen
Dem Endkunden wird mit einem Qualitätssiegel suggeriert, dass es sich um eine geprüfte und damit besonders gute Waschanlage handelt. Hier wurden von einem kleinen Kreis Prüfmethoden und Kriterien erarbeitet, deren Messbarkeit und Sinnhaftigkeit noch offen und nur schwer beurteilbar sind“, so Thomas Heinz von Clean Car, mit 25 Washcentern einer der großen Betreiber der Branche. Peter Kracht, Waschexperte bei Allguth, sieht es ähnlich: „Der Begriff VDA-Siegel signalisiert dem Kunden hohe Qualität. Das ist fatal vor dem Hintergrund, dass eine ältere Portalanlage sich leichter zertifizieren lässt als beispielsweise eine hochmoderne Express-Großwaschanlage.“ Die Thematik ist komplex und erst im Laufe der Zeit wird sich herausstellen, ob das VDA-Siegel auch wirklich einen Nutzen für alle Beteiligten erbringen wird, oder als Muster ohne Wert enden wird. Genauer Feinschliff scheint angebracht.
Thomas Seidenstücker und Manfred Ruopp
Mehr zum Thema finden Sie im Internet unter www.autohaus.de/vda-waschsiegel
Kurzinterview
Der Umgang mit dem Siegel
Wir sprachen mit Stefan Schwarzer, Verkaufsleiter bei der Otto Christ AG,
über das Thema VDA Richtlinie für Waschanlagen.
Herr Schwarzer, wie steht Ihr Unternehmen zur VDA-Richtlinie?
Generell begrüßen wir es, dass die Fahrzeugwäsche hin zum Endverbraucher sicherer durchgeführt werden soll. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Qualität der Fahrzeugreinigung und -trocknung nicht verschlechtert wird. Wir haben das Thema aktiv begleitet. In den Gesprächen mit dem VDA-Arbeitskreis, der Interessengemeinschaft „Runder-Tisch-Autowäsche“ und dem BTG haben wir darauf gedrängt, dass die Inhalte der VDA-Richtlinie bzgl. der darin festgelegten Anforderungen angepasst werden. In der ersten Fassung waren noch viele Festlegungen getroffen, die in der Praxis zu erheblichen Problemen geführt hätten.
Entspricht der Inhalt der Richtlinie Ihren Vorstellungen?
Die Festlegungen in dieser Richtlinie sind für uns noch etwas einseitig verfasst. Die Vorgaben für die Automobilindustrie bzgl. der technischen Auslegung (Zug- und Scherkräfte) der Fahrzeuge im Bereich von Seitenspiegel, Scheibenwischersystemen sowie die Beulfestigkeit von Karosserieteilen, Dichtigkeit von Türen und Dächern (Cabrio), Festigkeiten von Zierleisten, Spaltmaße bei Anbauteilen, usw. sind nicht erfasst worden. Genau in diesen Bereichen treten die häufigsten Probleme bei der automatischen Fahrzeugwäsche auf. Hier hätten wir uns bindende Vorgaben hin zur Automobilindustrie gewünscht.
Gibt es Waschanlagen von Ihnen, die den VDA-Richtlinien entsprechen?
Das von der Otto Christ AG angebotene Produktportfolio im Bereich der Portalwaschanlagen, SB-Waschplätze und Waschstraßen kann vom Betreiber bereits seit 2009 zu einer VDA-konformen Waschanlage konfiguriert werden.
Ist ein Umbau bestehender Waschanlagen entsprechend der VDA-Richtlinien sinnvoll?
Bisher ist keinem Endverbraucher bekannt, dass es ein solches Siegel geben wird. Der Hinweis in der Betriebs- und Wartungsanleitung der Neuwagen wird nicht ausreichen, dass der Endverbraucher auf entsprechend zertifizierte Anlagen achtet. Der Verbreitungsgrad dieses Siegels ist davon abhängig, wie dies von den Automobilkonzernen, Anlagenbetreibern, Automobilclubs beworben wird. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ist es aus unserer Sicht fraglich, ob die genannten Gruppen Werbebudgets haben, um solch ein neues Siegel aktiv zu propagieren. Viele Betreiber werden nach unserer Einschätzung abwarten, ob es eine entsprechende Verbraucherforderung gibt. Erst dann wird über eine ggf. erforderliche Maschinenumrüstung nachgedacht.
Kann man bestehende Waschanlagen von Ihnen entsprechend der VDA-Richtlinien upgraden?
Generell kann eine installierte Portalwaschanlage bzgl. des internen Zubehörs umgerüstet werden. Dennoch werden die Betreiber prüfen, ob der Umbau neben den entstehenden Kosten wirtschaftlich darstellbar ist. Wir gehen davon aus, dass die meisten erst beim Maschinenwechsel darauf achten, dass die eingesetzte Technologie die neuen Vorgaben des VDA-Siegels erfüllt. Die Kosten für eine Anpassung können leider nicht pauschaliert werden, hierzu sind die Maschinen zu unterschiedlich.
Gibt es ab sofort nur noch Waschanlagen von Ihnen, die der VDA-Richtlinie entsprechen?
Alle unsere Grundmaschinen erfüllen die Anforderungen des zukünftigen VDA-Siegels! Dazu passend gibt es Erweiterungsbausteine wie Schaumvorwäsche, Hochdruckvorwaschsysteme, die die Anforderungen des Siegels erfüllen und individuell hinzugewählt werden können.
- Ausgabe 4/2010 Seite 34 (475.1 KB, PDF)