Die Einführung des AU-Leitfadens 5 ist nunmehr zwei Jahre her. Jetzt soll nach Plänen des Verkehrsministeriums die Abgas-Untersuchung (AU) mit Endrohrprüfung wieder für alle Autos verpflichtend werden - wahrscheinlich ab dem 1. September oder 1. Oktober diesen Jahres.
Harald Hahn, Vizepräsident des Bundesverbandes der Hersteller und Importeure von Automobil-Service Ausrüstungen (ASA) und Fachbereichsleiter Diagnose im Verband informierte die ASA-Mitglieder nach einem Termin am 10. Mai beim BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) auf einer anschließenden Mitgliederversammlung über den aktuellen Stand der Einführung der verpflichtenden Endrohrprüfung. Demnach plant das Ministerium nach wie vor die verpflichtende Endrohr-Messung für alle Autos ab Baujahr 2006 bei der Hauptuntersuchung (HU) und Abgasuntersuchung (AU) wiedereinzuführen. Bisher wurde bei diesen Fahrzeugen zur AU nur über den OBD-Anschluss der Fehlerspeicher ausgelesen. Wenn die Fahrzeugdiagnose keinen Fehler anzeigt, ist die AU bestanden. Dieses Prozedere soll sich jetzt nach dem Willen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wieder ändern. Der Hintergrund dieser Forderung ist die Feststellung, dass viele Fahrzeuge mit defekten Abgasreinigungssystemen bei der aktuellen AU unerkannt bleiben, da die OBD heute nur die Readinesscodes und den Eintrag im Fehlerspeicher bewertet, nicht jedoch die tatsächlich auftretenden Emissionswerte. Gut jedes vierzehnte Fahrzeug (rund 7 Prozent) ist hiervon betroffen, wie Parallelmessungen zur OBD-AU am Endrohr bei 1.750 stichpunktartig untersuchten Fahrzeugen durch den VdTÜV im Rahmen der Projektgemeinschaft "Emission Check 2020" unter anderem ergaben.
Auch der ASA-Verband fordert daher bereits seit Jahren, und das nicht nur vor dem Hintergrund des Dieselabgas-Skandals, die Endrohrprüfung ergänzend zur "OBD-AU" wiedereinzuführen. "Wer Abgase bewerten will, sollte diese auch messen und nicht indirekt über ein Modell basiertes System wie OBD bewerten", so Harald Hahn.
Geplant war die Einführung der Endrohrprüfung bereits zu Beginn dieses Jahres. Zu der erneuten Verzögerung ist es wohl gekommen, da der ursprüngliche Entwurf des BMVI offenbar viel weitgehender war, als vom ASA gefordert. Nach Protesten aus der Industrie (VDA, VDIK, Länder und Bundeswirtschaftsministerium) soll die Richtlinie jetzt abgeschwächt werden. Wann die AU-Richtlinie zur Endrohrprüfung genau umgesetzt werden soll, war zum Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Harald Hahn ist jedoch nach dem Gespräch beim BMVI optimistisch, dass die Endrohrprüfung noch in diesem Jahr zum 3. oder 4. Quartal vor den Wahlen verpflichtend wird. "Dies ist aus mehreren Statements des Bundesverkehrsministers zu entnehmen", so Hahn. "Damit wird endlich die Lücke geschlossen, die bei der reinen OBD-Prüfung entstanden ist." Weiter berichtet der ASA-Vize, dass die Senkung der Grenzwerte, so wie es sich derzeit darstellt, für 2019 vorgesehen ist. Die Partikelzählung und damit die Änderung der Messmethodik könnte für 2021 Wahrscheinlichkeit werden.
2,50 Euro der Umwelt zuliebe
Was bedeutet das konkret für die Werkstätten? Für die Wiedereinführung entstehen zunächst einmal keine relevanten Mehrkosten, da in der Regel nur ein Software-Update notwendig wird, das sich im unteren dreistelligen Bereich bewegen dürfte. Auch für den Fahrzeughalter sind die Kosten mehr als moderat. "Wenn man die Gebührenordnung heranzieht, dann liegt der Mehraufwand für Halter auf das Jahr gerechnet im Vergleich zur reinen OBD-Prüfung bei rund 2,50 Euro", erklärt Hahn. "Ein geringer Beitrag zum Erhalt der Umwelt für jeden Autofahrer. Zudem schont die Prozedur, da nur ein Gasstoß seit Leitfaden 5 nötig ist, die Umwelt und das Fahrzeug enorm."
Nach Schätzungen der Gerätehersteller sind bereits heute 70 bis 80 Prozent der Abgasmessgeräte für die Endrohrprüfung einsatzfähig. Das einzige Hemmnis ist die Zulassung durch die PTB" (Physikalisch-Technische Bundesanstalt), so Hahn. "Deshalb wurde auch der Termin zur Grenzwertsenkung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Für die Partikelzählung bei Fahrzeugen mit Partikelfilter (Euro 5 und Euro 6) ist hingegen sicherlich neues Equipment notwendig. Hier wird es dann Zusatzmodule geben, die an bestehende Abgasmesssysteme angeschlossen werden können. Bei Fahrzeugen ohne Partikelfilter wird wie bisher die Messung der Opazität zur Anwendung kommen.
Ein Randaspekt der Einführung der Endrohrprüfung ist auch, dass alle AU-Geräte ab Januar 2019 kalibriert werden müssen. Bisher wurden sie jedoch geeicht. Hintergrund ist hier die Regelung Nr. 115 aus dem Verkehrsblatt 14/2016, dass ab 1.1.2019 die Kalibrierung für alle Abgasmessgeräte und auch andere Messmittel, die im Rahmen der Hauptuntersuchung verwendet werden, verpflichtend vorsieht. "Ob die bis dahin gültige Eichung dann entfällt, ist derzeit noch nicht ganz klar", sagt Harald Hahn. "Eine Doppelfunktion 'Eichen' und 'Kalibrieren' macht aber keinen Sinn." Der ASA Verband war und ist jedoch ein Befürworter der bisherigen Eichung, da diese, wie der Verband argumentiert, einen hoheitlichen Akt darstellt. Zudem werde die Eichung von Personen durchgeführt, die unabhängig sind und keine wirtschaftlichen Interessen an den Geräten oder deren Einsatz haben. Im Zusammenhang mit der Wiedereinführung der Endrohrprüfung hat man immer sehr stark auch das Argument Kosten ins Feld geführt. "Das spielt offenbar bei der gesamten Thematik DAkkS Akkreditierung keine Rolle mehr, hier müssen die Prüforganisationen Millionen in die Hand nehmen, um das Thema flächendeckend umzusetzen", so Harald Hahn. Ob die Qualität der Hauptuntersuchung und damit auch die Durchführung der AU sich verbessert, bezweifelt der ASA-Verband daher. Denn, dass einwandfrei gewartete und geeichte Gerätschaften verwendet werden, war bisher durch die Eichung auch gegeben.
Neue Geräte in der Entwicklung
Der ASA-Verband geht davon aus, dass bis 2021 mit der vollständigen Umsetzung der neuen Prüfprozedur zu rechnen ist. Die Diagnosegerätehersteller arbeiten derzeit mit Hochdruck an kostengünstigen Geräten, die auch für die periodische Überprüfung der Fahrzeuge geeignet sind. Damit werden bis zum Einführungszeitpunkt geeignete und zugelassene Geräte zur Verfügung stehen.
Kurzfassung
Die Endrohrprüfung wird bei der AU wieder Pflicht. Betroffen sind alle Euro V und Euro VI Fahrzeuge. Für alle anderen Fahrzeuge ändert sich nichts. Die Pläne sind mittlerweile sehr konkret, so dass sie aller Voraussicht nach bereits im Herbst zur Pflicht wird. Was sich alles ändern wird, erklärt Harald Hahn vom ASA Verband.
Das sagt der ZDK zur Endrohrprüfung
Neofitos Arathymos, Geschäftsführer Technik, Sicherheit und Umwelt beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK) äußert sich positiv zur Wiedereinführung der generellen Endrohrmessung.asp: Wäre die Wiedereinführung der Endrohrprüfung zu begrüßen?N. Arathymos: Die Abgasuntersuchung trägt seit Jahrzehnten mit dazu bei, Auffälligkeiten im Abgasverhalten der im Verkehr befindlichen Kraftfahrzeuge aufzudecken. Die heutige Abgasuntersuchung ist aufgrund der dynamischen Weiterentwicklung der Motoren- und Abgastechnik teilweise nicht mehr ausreichend. Von daher begrüßt der ZDK den Vorschlag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zur Wiedereinführung der Endrohrmessung mit verschärften Grenzwerten.asp: Was bringt die Messung am Auspuff?N. Arathymos: Verschlechterungen im Abgasverhalten, wie zum Beispiel aufgrund von Verschleiß, mangelnder Wartung, Alterung oder Manipulation an Abgasreinigungssystemen, können über die Nutzungsdauer eines Kraftfahrzeuges zuverlässiger als durch eine "reine" OBD-Prüfung erkannt werden. Darüber hinaus ermöglicht die Kombination aus einer Prüfung des OBD-Systems und einer Endrohrmessung eine deutlich verbesserte Aussagekraft über den Zustand der emissionsrelevanten Komponenten. Schäden sowie Manipulationen (z. B. Ausbau des Partikelfilters) werden zukünftig leichter feststellbar sein.asp: Was heißt das für die Werkstatt-Kunden?N. Arathymos: Bezogen auf einen Bestand von rund 54 Millionen untersuchungspflichtiger Kraftfahrzeuge (Pkw, Nutzfahrzeuge, Krafträder) sind nur ca. 45 Prozent von einer Wiedereinführung der Endrohrmessung betroffen. Die Mehrkosten würden bei rund 2,50 Euro pro Kraftfahrzeug und Jahr - bezogen auf eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 14,5 Jahren - liegen. Bei allen anderen Kraftfahrzeugen ist heute die Endrohrmessung ohnehin schon Pflichtbestandteil der AU.
- Ausgabe 06/2017 Seite 38 (151.1 KB, PDF)