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Verkratze Windschutzscheiben: Polieren oder Austauschen - was für das Auto am Besten ist

01.09.2024 08:11 Uhr | Lesezeit: 2 min
Windschutzscheibe
Zwei Stunden kann die komplette Aufbereitung einer Windschutzscheibe dauern. 
© Foto: Marcel Schoch

Verkratzte Windschutzscheiben sind sehr ärgerlich und stören das Blickfeld. Viele Autofahrer lassen daher verkratzte Scheiben wechseln. Häufig ist jedoch Polieren die günstigere Alternative - besonders im Oldtimerbereich.

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Die Firma AES-Autoglas GmbH in Memmingen, besser bekannt als Partnerbetrieb von Junited Autoglas, bietet regional alle Servicedienstleistungen rund um das Thema Autoglas an. Der Technische Betriebsleiter und Mitgeschäftsführer des Kfz-Meisterbetriebs, Martin Klein, sondiert dabei regelmäßig den Markt, um auf Trends beim Thema Autoglas sofort regieren zu können. "Musste noch vor ein paar Jahren auch bei kleinen reparablen Schäden in vielen Fällen die gesamte Scheibe auf Kundenwunsch getauscht werden, stellen wir seit Corona vermehrt fest, dass die Autofahrer sehr viel offener für nachhaltige Reparaturlösungen geworden sind", so Klein.

"Und hiermit ist nicht die Steinschlagreparatur gemeint, sondern vielmehr die Aufbereitung der Fahrzeugscheiben." Martin Klein denkt hier vor allem an verkratzte, matte oder hartnäckig verunreinigte Scheiben. Hier können heute mithilfe von neuen Politursystemen eine Windschutzscheibe, aber auch die Seitenscheiben bei räumlich begrenzten Kratzern nahezu in einen optisch neuwertigen Zustand versetzt werden.

Im Frühjahr und Sommer kommen viele Fahrzeuge zu Martin Klein in den Betrieb, deren Windschutzscheiben zahlreiche Kratzer aufweisen. "Diese Kratzer rühren meist von Eiskratzern, aber auch von Schneeschaufeln und anderem Gerät her", so Klein. Doch auch matte Stellen mitten in der Windschutzscheibe sind keine Seltenheit. "Solche Schäden entstehen durch zu harte Schwämme, die zur Entfernung von eingetrockneten Insekten verwendet wurden", erklärt Klein. "Aber auch Metallabrieb - und hier besonders Alustriche - finden sich auf den Scheiben." Sie stammen von billigen Eiskratzern oder von Schneeschaufeln, die zum Eiskratzen verwendet wurden.

Schadensbericht

Liegen solche Schäden vor, muss Martin Klein zunächst prüfen, ob sie reparabel sind. Hierzu macht er den Fingernageltest: Kann er mit dem Nagel die Vertiefung des Kratzers deutlich spüren, ist eine Reparatur nicht möglich. "Dann ist der Kratzer mehrere Zehntel-Millimeter tief", sagt Klein. "Es müsste sehr viel Material wegpoliert werden. Dies würde ‐ falls es überhaupt gelingt ‐ zu optischen Beeinträchtigungen im Glas führen."

Das Polieren ist nur bei Kratzern möglich, die wenige hundertstel Millimeter tief sind. Sie sind mit dem Fingernagel kaum spürbar, aber dennoch deutlich zu erkennen. Auch ist die Beschaffenheit des Kratzers wichtig, wenn es um die Poliermethode geht. So sind häufig vermeintliche Kratzer nichts anders als Metallabrieb auf der Scheibe. Diese müssen mit abrasiven Polituren behandelt werden. Um die Beschaffenheit des Kratzers genau zu analysieren, verwendet Martin Klein ein elektronisches Vergrößerungsglas. "Für den Werkzeugeinsatz ist entscheidend, wo sich der Kratzer befindet. So können Kratzer, die sich auf der Innenseite der Windschutzscheibe befinden, oft nicht herauspoliert werden. Sie sind mit der Poliermaschine wegen Schrägstellung der Windschutzscheibe und des Armaturenbretts nicht zu erreichen. "Ursache für solche Innen-Kratzer sind Diamantringe, die beim gelegentlichen Sauberwischen der Scheibe nicht vorher von den Fingern gezogen wurden", weiß Klein. "Sollen sie entfernt werden, muss die Scheibe ausgebaut werden." Das wiederum treibt die Kosten derart in die Höhe, dass ein Scheibenwechsel dann die günstigere Alternative ist. Auch muss beachtet werden, dass beim Polieren von Autoglas dieselben Vorschriften gelten wie für die Reparatur von Steinschlägen. So darf im Sichtfeld des Fahrers (Randabstand 10 cm und im sogenanntem Fernsichtfeld) keine Politur vorgenommen werden - unabhängig davon, ob der Kratzer außen oder innen ist.

Zwei Methoden

Bei tieferen Kratzern und Metallstrichen wird ein abrasives Mittel verwendet, bei Kratern, die die Scheibe eintrüben oder kaum spürbar sind, verwendet Martin Klein eine Politur, die chemisch-mechanisch arbeitet.Bei beiden Methoden ist die Vorbereitung identisch. "Das Glas muss völlig sauber sein", so Klein. "Auch die Schadens-Umgebung sollte intensiv gereinigt werden, damit Sand oder Schmutz beim Polieren keine weiteren Kratzer verursacht." Zum Polieren verwendet Klein spezielle Glaspolitur-Maschinen. Sie oszillieren in einer genau definierten Geschwindigkeit. Beim Polieren ist es sowohl bei der abrasiven als auch chemisch-mechanischen Methode wichtig, nur wenig Druck auszuüben und das Gerät mit etwas Zugabe von Wasser und Politurpaste in Wellen-Kreuzbahnen über die Schadstelle zu führen. Bei der abrasiven Methode muss flächig gearbeitet werden, damit kein Linsen- bzw. Kulen-Effekt an der Schadstelle entsteht. Bei beiden Methoden muss zudem auch streng auf die Temperatur geachtet werden. Wird die Schadstelle beim Polieren zu heiß, kann das Glas reißen.

Wirkweise von Ceroxid
Schon immer wurde Glas poliert. Noch in den 1940ern wurden dazu gerne Eisenoxid und Materialien wie Siliciumdioxid und Zinnoxid verwendet. In den 1950ern wurde schließlich entdeckt, dass Ceroxid ein hervorragendes Poliermittel ist. Die Verbindung Ceroxid gehört zur Gruppe der Seltenen Erden. In der Natur kommt es in verschiedenen Verbindungen vor. Die beiden kommerziell wichtigsten sind das komplexe Fluorcarbonat Bastanit und das Phosphat Monazit. Um ein Polierpulver herzustellen, werden ca. 80 Prozent Ceroxid und 20 Prozent anderer Seltener Erden zusammengemischt. Wird dieses Pulver zusammen mit Wasser auf Glas aufgetragen, kommt es an der Oberfläche zu einer komplexen Reaktion, die eine Cerium-Sauerstoff-Silizium-Verbindung erzeugt, die weicher als Glas ist. Diese weichere Oberflächenschicht lässt sich in einem genau einzuhaltenden Temperaturfenster leicht polieren, wobei sich die Oberfläche, ähnlich einer zähen Masse, ziehen lässt und so winzige Kratzer glattzieht.

Bei der chemisch-mechanischen Methode kommt meist Ceroxid-Paste als Schleifmittel zum Einsatz. Im Gegensatz zu herkömmlichen Systemen wird dabei weder Material abgeschliffen noch eingebracht (siehe Kasten). Aufgrund eines chemischen Effekts "fließt" hingegen das Glas beim Polieren wieder zusammen und egalisiert so Kratzer. Vorteil: die Optik der Scheibe bleibt verzerrungsfrei, da keine Linsen geschliffen werden.

Die Wahl der Schleifmethode wird auch durch die Art des Glases bestimmt. "Meistens werden am Fahrzeug sogenanntes VSG (Verbund-Sicherheitsglas) und ESG (Einscheiben-Sicherheitsglas, Zeichen: "II" über E-Kennung) verbaut", erklärt Klein. "VSG ist bei modernen Fahrzeugen stets als Windschutzscheibenglas verbaut, ESG wird für die Seitenscheiben verwendet. Im Oldtimerbereich jedoch wurde ESG auch für die Frontscheibe eingesetzt." VSG abrasiv zu polieren ist, wenn man das Temperaturfenster und den Polierdruck beachtet, kein Problem. "Anders ist das bei ESG", wie Martin Klein bestätigt. "Wird hier zu viel Material von der Glasoberfläche abgenommen, kann die Scheibe platzen."

Polieren der Fahrzeugverglasung als Alternative zum Scheibenwechsel wird von Kunden vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit immer öfter angefragt. Werkstätten, die den Schleifservice anbieten möchten, müssen über das entsprechende Equipment und vor allem über sehr viel Erfahrung verfügen. Ansonsten wird in Polier-Stunden investiert, was auch ein gewöhnlicher Scheibenwechsel gekostet hätte.

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