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24.02.2012 12:02 Uhr

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Bundesverband der Partnerwerkstätten (BVdP)

Druck erzeugt Gegendruck, das gilt in der Physik und im Geschäftsleben. Um der Macht der Schadensteuerer und Versicherer nicht ohnmächtig gegenüberzustehen, haben Karosserie- und Lackbetriebe sich 2010 im Bundesverband der Partnerwerkstätten (BVdP) organisiert. Mit dessen Geschäftsführer Robert Paintinger haben wir uns in die Welt der Schadensteuerung vorgewagt.

Es gehört zum Allgemeinwissen, dass der Preiskampf der Kaskoversicherer seit Jahren auch auf dem Rücken der Karosserie- und Lackwerkstätten ausgetragen wird. Noch bis zum Ende der 1990er Jahre vermeldeten die Versicherer von Jahr zu Jahr steigende oder zumindest stabile Gewinne aus dem Kasko-Geschäft. Doch mit der Liberalisierung des Versicherungsmarktes und dem Aufkommen von zahlreichen Direktversicherern schmolzen die Erträge wie Eis in der Sonne. Der Wettbewerb um den Autofahrer wird in erster Linie über den Preis geführt und jedes Jahr zum Oktober werden neue Preisrunden eingeläutet. Bis Ende 2011 die Preise im Keller sind. Es geht ein Aufatmen durch die Branche, als die HUK Coburg zum Jahresende erstmals Preiserhöhungen für die Kaskoversicherungen ankündigte. Die meisten anderen Versicherer lassen sich nach dem Signal des Marktführers nicht lange bitten und heben ihrerseits die Preise an.

Auch in vielen Karosserie- und Lackwerkstätten keimt die Hoffnung, dass mit dem vorläufigen Ende des ruinösen Preiswettbewerbs der Druck auf die Werkstätten nicht weiter steigt. Denn Reparaturbetriebe sind die eigentlichen Verlierer des Treibens. Seit der Liberalisierung des Versicherungsmarktes ist auch der Begriff Schadensteuerung in aller Munde. In Deutschland sind aktuell etwa zehn Prozent aller Unfallschäden so genannte gesteuerte Schäden. Vor allem Kaskoschäden werden zunehmend im Wege der Schadensteuerung reguliert. Schadensteuerung heißt, es gibt einen Dienstleister, der im Auftrag eines oder mehrerer Versicherungen die Abwicklung des Unfallschadens mit einem Netz von vertraglich gebundenen Werkstattpartnern organisiert. Große Versicherer wie die HUK Coburg haben ein eigenes Netz aus Partnerwerkstätten, die für sie Unfallschäden reparieren. Getreu dem Motto, den Letzten beißen die Hunde, sind die Werkstätten das schwächste Glied in der Kette Kunde-Versicherer-Schadensteuerer-Werkstatt. Denn der Preis für die Mitgliedschaft im Schadennetz eines Schadensteuerers oder Versicherers sind Zugeständnisse bei den Stundenverrechnungssätzen, kostenlose Zusatzleistungen für Kunden, hohe technische Standards, was Ausstattung und Reparaturqualität anbetrifft. Im Gegenzug versprechen Versicherer und Schadensteuerer eine erhöhte Werkstattauslastung durch aktive Schadensteuerung, schnelle Reparaturfreigabe durch schlanke Prozesse, schnelle Schadenabwicklung und prompte Bezahlung – wie gesagt, sie versprechen es, garantiert ist meist nichts.

Hinzu kommt, dass Versicherer und Schadensteuerer Kosteneinsparungen in den letzten Jahren vor allem zu Lasten der Werkstätten realisiert haben. Während die zu erbringenden Leistungen immer stärker stiegen, bspw. kostenlose Ersatzfahrzeuge für Kunden, kostenlose Außen-und Innenreinigung des reparierten Unfallfahrzeugs, kostenlose Fahrzeugüberstellung etc., haben sich die Konditionen, also Stundenverrechnungssätze, Aufwandsunterstützung für Service- und Auftragsnebenleistungen sukzessive verschlechtert.

Mit dem Rücken zur Wand

„Von Jahr zu Jahr hat der Druck auf die Partnerbetriebe in der Schadensteuerung zugenommen und irgendwann war das Maß einfach voll“, erzählt Robert Paintinger, der bis 2009 mit einem Partner selbst einen K+L-Betrieb führte, an dem er heute noch beteiligt, aber nicht mehr operativ tätig ist. Stein des Anstoßes und Initialzündung für die Gründung des Bundesverbands der Partnerwerkstätten war ein neues Vertragswerk, das der Schadensteuerer Innovation Group seinen Partnerbetrieben abtrotzen wollte. „Ohne auf Details eingehen zu wollen, hätte der Vertrag für viele Betriebe wirtschaftlich katastrophale Auswirkungen gehabt“, beschreibt Paintinger. Doch erstmals mucken die Partnerbetriebe geschlossen auf. Der Widerstand gegen das neue Vertragswerk wird in der eigens gegründeten Arbeitsgemeinschaft Innovation Group gebündelt und organisiert. Viel Unterstützung kommt vom ZKF. Und den unbeugsamen Werkstattmännern gelingt, was bis dahin niemand für möglich gehalten hatte; die Geschäftsführung des Schadensteuerers zieht den vorgelegten Vertrag zurück und handelt mit Vertretern der ArGe IG einen neuen aus. „Das war ein revolutionärer Vorgang und allen Kollegen in der ArGe war klar, dass wir den Schwung aus den Verhandlungen mit der Innovation Group mitnehmen und eine feste Institution daraus machen müssen, wenn wir auch bei anderen Schadensteuerern und Versicherern als Verhandlungspartner auf Augenhöhe glaubhaft und mit Nachdruck die Interessen der Partnerwerkstätten vertreten wollen.“

Zahlen sprechen deutliche Sprache

Mit der Gründung des Bundesverbands beauftragen die ArGe-Kollegen Robert Paintinger, der sich bereit erklärt, diese Aufgabe „übergangsweise“ zu übernehmen. „Ich hatte mir zwei Jahre zuvor mit einer Unternehmensberatung für K+L-Betriebe ein zweites Standbein aufgebaut und war nicht wirklich scharf darauf, mein gut gehendes Geschäft ruhen zu lassen.“ Paintinger erklärt sich dennoch bereit, die schwierige Aufgabe zu übernehmen, auch weil er die volle Unterstützung des ZKF hat.“ Der Verband hat uns gerade in der Gründungsphase sehr geholfen und wir pflegen weiterhin sehr enge Beziehungen.“ Dass aus der Übergangstätigkeit mittlerweile ein Full-Time-Job geworden ist, liegt auch daran, dass Mitte 2011 auch die Geschäftsführung des bayerischen Landesinnungsverbandes für Karosserie- und Fahrzeugbau und der Karosserie-bauerinnung München/Oberbayern/Schwa-ben mit der Geschäftsstelle des BVdP in Bad Tölz zusammengelegt wurde. „Die vorher beim Bayerischen Handwerkstag angesiedelte Geschäftsführung befand sich mehr oder weniger in Auflösung. Und es gab Überlegungen, die KarosseriebauerBetriebe der Innung der Maler und Lackierer zuzuordnen. Die jetzige Lösung wurde aber letztlich von der Vorstandschaft und den Mitgliedern favorisiert.“

Seine Beratungskenntnisse nutzt Robert Paintinger, der auch Dozent für Betriebswirtschaft und Betriebsorganisation an der Meisterschule ist, jetzt für seine Geschäftsführungsjobs. „Ich habe mich als Berater vor allem auf das Thema Prozessoptimierung und -steuerung konzentriert und da gibt es auch in einem Verband einiges zu tun.“

In Sachen Betriebswirtschaft sattelfest zu sein, ist zudem von Vorteil, wenn Paintinger als Geschäftsführer des BVdP Gespräche mit Vertretern von Versiche-rern und Schadensteuerern führt. „Es gibt durchaus Leute bei Schadensteuerern, die der Meinung sind, ihr Geschäftsmodell ließe sich darauf aufbauen, Partnerwerkstätten so über Konditionen zu knebeln, dass denen finanziell keine Luft zum Atmen bleibt. Diese Leute übersehen gern, dass dieses Geschäftsmodell unserer Mitgliedsbetriebe existenziell gefährdet und damit dem ganzen Konzept der Schadensteuerung den Boden entzieht. Bei solchen Gesprächen ist es von Vorteil, wenn man mit entsprechenden Zahlen aufwarten kann.“

Kooperation statt Konfrontation

Als Gefahr für Schadensteuerer möchten Paintinger und seine Vorstandskollegen aber nicht unbedingt wahrgenommen werden. „Wir sind nicht auf Konfrontation aus, sondern auf Kooperation und die erreicht man nur über Kommunikation.“ Der mittlerweile rege Austausch mit Versicherern und Schadensteuerern hat das Klima zwischen den Partnerwerkstätten und ihren großen Auftraggebern spürbar verändert. „Die Stimmung war vor zwei Jahren regelrecht vergiftet, man sprach viel übereinander, aber nicht miteinander. Das hat sich durch unseren Verband deutlich geändert. Man kann heute mit Vertretern der Versicherungen vernünftig und auf sachlicher Ebene reden. Und dem BVdP ist es gelungen, bei den Versicherern und Schadensteuerern das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass sie die qualifizierten Karosserie-und Lackbetriebe dringend brauchen. Mit Rücksicht auf ihre eigenen Qualitätsversprechen an die Versicherungsnehmer müssen sie ein Interesse daran haben, dass die Partnerwerkstätten nicht nur genügend Aufträge zugesteuert bekommen, sondern dass sie von diesen Aufträgen auch auskömmlich leben können müssen.“

Schadensteuerung ist gut

Keine Diskussionen mehr führen Paintinger und seien Verbandskollegen allerdings über die Sinnhaftigkeit von Schadensteuerung. „Dieses Thema ist im Markt und das werden wir auch nicht mehr beseitigen. Natürlich geht es den Versicherern vor allem darum, Kosten einzusparen. Doch man muss auch eingestehen, dass Schadensteuerung für Partnerwerkstätten durchaus positiv ist. Denn natürlich sorgen die meisten Partnerverträge mit Schadensteuerern und Versicherern für eine deutlich höhere Auslastung in den Betrieben. Bislang war es nur so, dass den Versicherern ein unorganisierter Haufen von Einzelunternehmern gegenüberstand, der sich nur punktuell austauschte, im Prinzip aber auf sich allein gestellt war, wenn es darum ging neue Verträge oder Konditionen zu verhandeln und das haben Versicherer und Schadensteuerer weidlich ausgenutzt. Seit es den Verband gibt, haben die Partnerwerkstätten eher eine Stimme und die Möglichkeit, Informationen untereinander auszutauschen.“

Mit einer Stimme

Die eine Stimme führt zwar nicht im Namen der Mitglieder Vertragsverhandlungen oder verhandelt explizit Konditionen wie Stundenverrechnungssätze, bespricht aber mit Versicherern und Schadensteuerern Probleme in der Abwicklung und Vertragsgestaltung und kümmert sich auch um die Regulierung von Einzelfällen. „Bevor es den BVdP gab, haben Versicherer und Schadensteuerer bei Problemen mit einzelnen Partnern oft zur ganz groben Keule gegriffen und gern damit gedroht, dem Partner ein oder zwei Monate keine Schäden mehr zu schicken, wenn er kein Wohlverhalten zeigt. Das gibt es heute nicht mehr, denn das hat nichts mit partnerschaftlichem Umgang zwischen Gleichberechtigten zu tun. Wenn es aus Sicht des BVdP-Mitgliedes Probleme mit einem Schadensteuerer gibt, dann reden wir zuerst mit allen Beteiligten, versuchen zu verstehen, wo das Problem liegt und finden dann fast immer eine gemeinsame Lösung mit Werkstatt und Steuerer“, so Paintinger. Für die Betriebe sei diese Vorgehensweise wesentlich angenehmer, denn viele hätten schlicht Angst vor dem Druck, den Versicherer und Schadensteuerer aufbauen würden.

Das ist mit ein Grund, warum der Verband keine Mitgliederliste veröffent-licht und Werkstattfälle mit Steuerern anonym bespricht, es sei denn, das betroffene Mitglied möchte sich zu erkennen geben.

Das Modell funktioniert, weil man auch bei Versicherern und Schadensteuerern verstanden hat, dass die Kommunikation nicht eindimensional nach dem Motto verläuft, da der böse Versicherer, hier der arme Werkstattpartner. „Schadensteuerung ist ein komplexes Thema, das den Betrieben viel abverlangt. Der Werkstattunternehmer, der Schadensteuerung will, muss sich darüber im Klaren sein, dass er unter dem Strich günstiger anbieten muss als Kollegen ohne Schadensteuerung. Das setzt voraus, dass der Betrieb seine internen Prozesse im Griff hat, moderne Reparaturmethoden beherrscht und eine gute Auslastung erreicht. Die liegt bei K+L-Betrieben im Schnitt bei etwa 80 Prozent. Bei Partnerwerkstätten muss diese im Schnitt deutlich höher sein“, so Robert Paintinger.

Potenziale für Prozessoptimierung

Bei den Prozessen in den Partnerbetrieben findet Robert Paintinger immer wieder Potenzial für Verbesserungen. „Manche Unternehmer haben kein Gespür dafür, dass sie produktiv viel zu wenig abarbeiten. Sie arbeiten den ganzen Tag und merken gar nicht, dass ihnen ein Teil ihres Umsatzes durch ineffektive Prozesse zwischen den Fingern verrinnt, weil sich zum Beispiel die Mitarbeiter einzelner Abteilungen gegenseitig auf den Füßen stehen.“

Unabdingbar ist für K+L-Unternehmer zudem das Thema Betriebswirtschaft. „Ein Unternehmer, der betriebswirtschaftlich nicht sauber aufgestellt ist, wird in dem Umfeld Schadensteuerung auf Dauer keine Chance haben. Vor allem auch, weil er zu den falschen Angeboten Ja sagt“, ist Robert Paintinger überzeugt. Dazu gehöre beispielsweise, dass Unternehmer regelmäßig das Verhältnis von verkauften zu bezahlten Stunden ermitteln sollten. „Dabei sollten sie auch die unproduktiven Kräfte berücksichtigen.“ Branchenvergleichszahlen zur Produktivität, herausgegeben vom ZKF, aber auch den Lackherstellern bieten gute Anhaltspunkte, wo der eigene Betrieb steht. Wichtig ist zudem das Thema Deckungsbeitrag pro Auftrag, also die Frage, was bleibt unter dem Strich übrig? „K+L Unternehmer sind vor allem Handwerker. Und für die ist eine volle Werkstatt oft das Maß der Dinge. Ob Aufträge sauber kalkuliert sind, die Prozesse im Betrieb stimmen und bei jedem Auftrag auch ein ordentliches Ergebnis im Betrieb hängen bleibt, wird leider oft zu spät betrachtet“, weiß Robert Paintinger aus seiner Beratungspraxis. Manche Kollegen seien in der Hoffnung auf zusätzliche Auftragsvolumina leichtfertig Partnerschaften mit Schadensteuerern eingegangen, weil sie blind auf am Tisch gemachte Versprechungen vertraut hätten, ohne die präsentierten Zahlen zu hinterfragen oder gar nachzukalkulieren.

Drum prüfe (vorher), wer sich bindet

Mitglieder im BVdP können sich solche Enttäuschungen ersparen, denn der Verband kennt fast alle Schadensteuerungsverträge von Versicherern und Schadensteuerern und gibt seinen Mitgliedern bei Bedarf Hinweise auf Schwachstellen, nennt aber auch die Vorteile der jeweiligen Vereinbarungen. „Grundsätzlich muss der Unternehmer selbst entscheiden, ob er einen Partnervertrag unterzeichnet. Wir können ihm aber aufzeigen, an welchen Stellen er aufpassen muss und unter Umständen nachverhandeln sollte“, sagt Robert Paintinger. Zudem weiß der Verband, wie die Verträge in der Realität gelebt werden und ob ein Schadensteuerer in der Praxis hält, was er auf dem Papier verspricht.

Schadensteuerung wird steigen

Mittlerweile funktioniert die Vertragsanbahnung auch andersherum. „Wir hatten schon mehrere Fälle, in denen Schadensteuerer auf den Verband zugekommen sind und uns gebeten haben, sie bei der Besetzung eines bestimmten Gebietes zu unterstützen. Wir haben dann mit dem Schadensteuerer gemeinsam entsprechende Mitglieder in dem Gebiet gesucht und die Verhandlungen aktiv begleitet. Das machen wir aber nur bei Steuerern, die bestimmte Anforderungen erfüllen.“

Obwohl der BVdP in kurzer Zeit bei allen Marktbeteiligten eine hohe Akzeptanz erreicht und sich das Verhältnis zwischen Schadensteuerern/Versicherern und Partnerbetrieben deutlich verbessert hat, muss sich Robert Paintinger keine Sorgen machen, dass ihm die Arbeit ausgeht. „Das Thema Schadensteuerung wird tendenziell eher zunehmen. Zudem sind wir mittlerweile zu einem sehr frühen Zeitpunkt in Überlegungen einiger Steuerer eingebunden, wenn es darum geht, Schadenmanagement positiv zu verändern. Und wir beobachten sehr genau, wer sich noch in dem Thema Schaden- und Reparatursteuerung etablieren möchte.“ Beispielsweise große Leasinggesellschaften. „Auch bei den Leasingunternehmen ist der Kostendruck enorm. Und leider treffen wir auch hier vereinzelt auf Menschen, die der Meinung sind, K+L-Betriebe könnten bar jeder betriebswirtschaftlichen Vernunft unendlich im Preis gedrückt werden. Dabei legen manche Zeitgenossen Vertragsentwürfe vor, die man nur als unredlich bezeichnen kann. Da gibt es für uns viel Aufklärungsarbeit bei unseren Betrieben zu leisten. Und natürlich werden wir Gespräche mit den Leasinggesellschaften führen, denn auch hier wollen wir für einen fairen und marktgerechten Druckausgleich für unsere Mitglieder sorgen“, sagt Robert Paintinger abschließend. Frank Schlieben

Weitere Informationen über den Verband, seine Ziele, seine Struktur und Details zur Mitgliedschaft finden Sie im Internet unter www.bvdp.info

Kfz-Versicherer liefern sich seit Jahren ruinöse Preisschlachten, die auch auf die Werkstattpreise drücken

Schadensteuerung

Umstrittener Service

Das Thema Schadensteuerung war in Deutschland lange umstritten, mittlerweile haben sich die Wogen etwas geglättet. Die HUK Coburg ist Vorreiter bei dem Thema und bietet bereits seit 2002 so genannte Schadenservice-plus-Tarife an. Kunden, die einen solchen Vertrag unterschreiben, willigen ein, dass im Falle eines Unfalls der Versicherer die Komplettabwicklung des Schadens übernimmt und dieser in einer Werkstatt repariert wird, die zum Partnernetz der Versicherung gehört. Werkstätten, die Partnerbetrieb der HUK (oder anderer Versicherer) werden möchten, müssen zuvor ein Zertifizierungsverfahren bestehen, das alle zwei Jahre wiederholt wird. Zudem überprüft die Versicherung regelmäßig mittels Stichproben die Reparaturqualität der Partnerwerkstätten im Schadennetz. Für Versicherer bietet das Schadenmanagement und die Zusammenarbeit mit festen Reparaturpartnern erhebliche Kostenvorteile. Weil der Prozess der Schadenabwicklung, von der Reparaturfreigabe bis zur Fahrzeugauslieferung, weitgehend standardisiert ist, werden gesteuerte Schäden in der Regel schneller abgewickelt als konventionelle Schäden. Das spart Stand-, Mietwagen- und Ausfallentschädigungskosten. Zudem müssen Partnerwerkstätten in Schadensteuerungsnetzen zum Teil deutliche Zugeständnisse bei Stundenverrechnungssätzen und kostenlosen Zusatzleistungen machen.

Im Gegenzug können sie sich eine höhere Auslastung für ihren Betrieb sichern (vgl. nebenstehenden Beitrag). Vor allem Gutachter und Anwälte kritisieren seit Jahren, dass Schadensteuerung Verbraucher um ihre verbrieften Rechte bringe. Weder habe der Kunde nach einem Unfall die freie Werkstattwahl, noch sei er in der Lage, einen Gutachter seiner Wahl zu beauftragen oder einen Anwalt mit der Wahrung seiner Rechte zu betrauen. Darum raten Schadengutachter und Anwälte dringend davon ab, bei einem unverschuldeten Unfall den Schadenservice der gegenerischen Versicherung in Anspruch zu nehmen. Trotz dieser Bedenken, steigt die Zahl der Versicherungspolicen mit Werkstattbindung von Jahr zu Jahr. Dies auch, weil die Versicherer Kunden ihrer Schadenservice-Tarife mit deutlichen Abschlägen gegenüber konventionellen Verträgen ködern. Wie viele Unfallschäden insgesamt in Deutschland pro Jahr im Wege der Schadensteuerung reguliert werden, lässt sich auch für den Branchenverband GDV nicht abschätzen, weil die Versicherer diese Zahlen nicht an ihren Verband melden. Der Marktführer HUK Coburg hat nach Auskunft eines Unternehmenssprechers von rund 1,1 Mio. Schäden im letzten Jahr knapp 280.000 im Wege der Schadensteuerung reguliert. Bei anderen Versicherern ist der Anteil deutlich geringer. Bei der HUK Coburg geht man davon aus, dass 10 bis 15 Prozent aller Unfallschäden in Deutschland gesteuert sind. Insgesamt ereignen sich pro Jahr ca. 12 Mio. Unfälle. Davon wurden laut statis-tischem Jahrbuch des GDV 2010 rund 2,4 Mio. polizeilich erfasst. In einigen europäischen Ländern, beispielsweise in Großbritannien oder den Niederlanden, ist der Anteil gesteuerter Schäden deutlich höher. In beiden Ländern hat der massive Druck auf die Werkstattpreise mittlerweile allerdings zu erheblichen Qualitätsproblemen bei Unfallreparaturen geführt, wie Brancheninsider berichten.

▶ Schadensteuerung erfordert Zugeständnisse, bringt Werkstätten aber auch eine höhere Auslastung

▶ In der Praxis halten Versicherer und Schadensteuerer nicht immer, was sie bei Vertragsanbahnung versprechen

Versicherungstechnische Ergebnisse*

Versicherungszweige

2008

2009

20101

Kraftfahrtversicherung (einschl. KU)

96,0

97,0

99,6

davon

· Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung

97,3

100,6

103,7

· Fahrzeugvollversicherung

98,3

96,8

99,5

· Fahrzeugteilversicherung

81,2

72,8

71,7

Schaden-/Unfallversicherung insgesmt2

78,8

78,5

80,3

Quelle: GDV, BaFin

* inländisches Direktgeschäft

1 teilweise vorläufige Werte

2 ohne Nuklear- und Vermögensschadenhaftpflichtversicherung: bis 2009 ohne Luftfahrt-, Luft- und Raumfahrzeughaftpflichtversicherung

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