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Gewährleistung: Neues im Gewährleistungsrecht

23.08.2021 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Die Verlängerung der Beweislastumkehr auf ein Jahr ist für Händler eine Herausforderung.
© Foto: Adobe Stock/Kzenon

Die Umsetzung der EU-Warenverkaufsrichtlinie, die zum 1. Januar 2022 in Kraft tritt, bringt wichtige Veränderungen für den Gebrauchtwagenverkauf. Eine Herausforderung ist die verlängerte Beweislastumkehr zugunsten des Käufers.

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Kurzfassung

Mit der Umsetzung der EU-Warenverkaufsrichtlinie am 1. Januar 2022 verlängert sich die Beweislastumkehr beim Gebrauchtwagenkauf von sechs Monaten auf ein Jahr. Unternehmer sollten Verträge und AGB checken.

Am 30. Juni 2021 wurde das "Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrages" im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz ist eine Umsetzung der EU-Warenverkaufsrichtlinie und tritt am 1. Januar. 2022 in Kraft. Von besonderer Bedeutung für den Gebrauchtwagenverkauf sind die Verlängerung der Beweislastumkehr und die Neuregelungen zur Verjährungsverkürzung.

Häufig werden in der Praxis die Begriffe Sachmängelhaftung, Garantie und Kulanz verwechselt, daher nachfolgend eine kurze Klarstellung.

Sachmängelhaftung & Gewährleistung

Sachmängelhaftung, auch Gewährleistung genannt, bezeichnet die gesetzlichen Ansprüche des Käufers (hier Verbraucher) gegen den Verkäufer, das heißt in der Regel gegen den Händler, wenn das gekaufte Auto fehlerhaft ist. Dies sind vor allem Ansprüche auf Reparatur, Schadenersatzansprüche oder Rücktritt vom Vertrag.

Grundsätzlich muss dabei vom Käufer nachgewiesen werden, dass das Fahrzeug bei Erhalt fehlerhaft war. Bisher (bis zum 31. Dezember 2021) war die Rechtslage so, dass lediglich bei einem Fehler des Autos innerhalb des ersten halben Jahres vermutet wird, dass das Fahrzeug bereits fehlerhaft war, als der Käufer es erhalten hat. Die Ansprüche wegen Sachmängeln verjähren innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt des Autos. Beim Gebrauchtwagenkauf kann diese Frist auf ein Jahr reduziert werden.

Neue Rechtslage ab 2022

Zum 1. Januar 2022 gibt es einige Änderungen beim Gewährleistungsrecht, die unbedingt zu beachten sind. Zwei wichtige Änderungen werden im Folgenden näher dargestellt.

Beweislastumkehr

Wie oben beschrieben, wird nach der derzeitigen Rechtslage vermutet, dass ein Mangel, der innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe auftritt, bereits bei Übergabe vorhanden war. Ab dem 1. Januar 2022 wird dieser Sechs-Monats-Zeitraum auf ein Jahr ausgedehnt. Das bedeutet Folgendes: Zeigt sich ein Mangel innerhalb eines Jahres nach Übergabe, wird vermutet, dass der Mangel auch schon bei Übergabe vorlag. Die Verlängerung der Beweislastumkehr ist eine Herausforderung für die Händler.

Verjährungsverkürzung

Weiterhin gibt es auch Modifikationen bei der Verjährungsverkürzung. Grundsätzlich besteht weiterhin die Möglichkeit, die Verjährung bei gebrauchten Waren beziehungsweise Fahrzeugen auf ein Jahr zu begrenzen. Problematisch ist aber die neue Formulierung im Gesetz. Nach dieser ist eine Vereinbarung über die Verkürzung nur wirksam, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt wurde und die Verkürzung der Verjährungsfrist im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.

Durch diese neue Gesetzeslage ist für eine wirksame Verjährungsverkürzung eine Individualvereinbarung zwischen Unternehmer und Verbraucher notwendig und die Verträge müssen zusätzlich angepasst werden. Die bisherige Regelung allein über die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) reicht dann nicht mehr aus. Sollte keine Individualvereinbarung über die Verjährungsverkürzung auf ein Jahr geschlossen werden, sondern wie bisher nur eine Einschränkung über die AGB, dann gilt diese Verjährungsverkürzung auf ein Jahr gerade nicht mehr. Somit besteht hier dringend Handlungsbedarf.

Garantie

Von der vorgenannten gesetzlichen Sachmängelhaftung sind die von Autoherstellern und Autohäusern gewährten Garantien zu unterscheiden. Diese Garantien erweitern die gesetzliche Sachmängelhaftung durch vertraglich freiwillig eingeräumte Leistungen des jeweiligen Garantiegebers, das heißt des Autoherstellers oder des Autohauses. In dem Garantieversprechen werden dann meistens der Garantiefall, die Voraussetzungen für die Garantie, der Garantiezeitraum und die zugesagte Leistung detailliert geregelt. Tritt dann der Garantiefall ein und liegen die Voraussetzungen vor, ist die vereinbarte Leistung zu erbringen. Diese erstreckt sich meist ausschließlich auf die Reparatur des Fahrzeugs.

Kulanz

Neben der Sachmängelhaftung und der Garantie gibt es noch die Kulanz. Kulanz bezeichnet eine komplett freiwillige Leistung des Autoherstellers oder Autohauses. Diese sind hierzu nicht verpflichtet, da Ansprüche aus der Sachmängelhaftung verjährt sind oder der Garantiezeitraum abgelaufen ist. Der Umfang liegt allein im Ermessen des Autoherstellers beziehungsweise Autohändlers. Die Kulanzbereitschaft hängt von weichen Faktoren ab, zum Beispiel Fahrzeugalter, Fahrleistung, lückenlose Durchführung der Wartungsarbeiten in einer Vertragswerkstatt oder besondere Markentreue des Kunden.

Werkstattbindung bei der Garantie

In der Praxis werden Garantieleistungen häufig an die Voraussetzung geknüpft, dass an dem Fahrzeug die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten bei einer vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchgeführt werden. Ob eine solche sogenannte Werkstattbindung rechtlich zulässig ist, hängt davon ab, ob diese bei einer Neuwagen-Garantie eines Autoherstellers oder bei einer Gebrauchtwagen-Garantie eines Autohändlers vorgeschrieben wird. Im Falle einer Neuwagen-Garantie hat der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt, dass eine solche Werkstattbindung ohne Weiteres zulässig ist. Dies gilt allerdings nicht für die Ansprüche aus der gesetzlichen Sachmängelhaftung. Damit bestehen auch ohne Inspektionen und Wartungen in Vertragswerkstätten Ansprüche auf Reparatur, Schadenersatz oder Rücktritt bei einem fehlerhaften Neuwagen innerhalb der ersten zwei Jahre.

Anders sieht dies bei der Gebrauchtwagen-Garantie von Autohändlern aus, die die Garantieleistung ebenfalls an Inspektionen beziehungsweise Wartungen durch Vertragswerkstätten koppeln wollen. Hier hat der BGH entschieden, dass eine Werkstattbindung für Gebrauchtwagen-Garantien unzulässig ist.

Kommentar von ...

Maximilian Appelt
Maximilian Appelt, Rechtsanwalt, Steuerberaterwww.raw-partner.de
© Foto: RAW

Zum 1. Januar 2022 treten die neuen Regelungen zur Beweislastumkehr und zur Vereinbarung der Verjährungsverkürzung in Kraft. Dies bedeutet für jeden Unternehmer, seine Verträge und AGB zu überprüfen und anzupassen sowie die Abläufe im Unternehmen auf den Prüfstand zu stellen.Eine Verjährungsverkürzung auf ein Jahr für gebrauchte Fahrzeuge ist ab dem 1. Januar 2022 nur noch möglich, wenn dies im Rahmen einer Individualvereinbarung getroffen wird, und das muss bis dahin vorbereitet sein.

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