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Vermittlungsportale: Suche nach der Zauberformel

24.09.2020 15:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Kann doch nicht so schwer sein: Die Werkstattsuche über Portale kommt nicht in Schwung.
© Foto: Foto: Adobestock/sdp_creations

Mit dem Ende des Werkstattportals Caroobi scheint sich bestätigt zu haben, dass die Online-Vermittlung von Serviceaufträgen nicht funktioniert. So pauschal wollen das Branchenexperten nicht stehen lassen und es gibt sogar neue Portale.

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Kurzfassung

Kompetente Vorauswahl von Betrieben, ein faires Preisangebot und schnelle Terminbuchung - das wünscht sich der Kunde von einem Werkstattportal. In der Praxis ist das aber offenbar nur schwer einzulösen.

Manch einer hat es mit Genugtuung aufgenommen: Das Werkstattportal Caroobi ist nur fünf Jahre nach seiner Gründung im Jahre 2015 durch die beiden Gründer Mark Michl und Nico Weiler am Ende. Einige Medien aus der Gründerszene sprechen von einem Notverkauf des Unternehmens, das niemals profitabel gearbeitet hat und in der veröffentlichten Bilanzrechnung für 2018 einen Fehlbetrag von minus 8,5 Millionen Euro ausweisen musste.

Die Gründer wollten über die Online-Plattform deutschlandweit Kfz-Reparaturen nach Online-Ferndiagnosen zu Festpreisen anbieten. Caroobi übernahm Aufgaben wie Preisberechnung, Teilelieferung und Schadensdiagnose. Kfz-Werkstätten waren Auftragnehmer des Start-ups und sollten sich hauptsächlich um die Reparatur kümmern. Anders als bei anderen Vermittlungsportalen kam die vertragliche Beziehung zwischen Endkunde und Caroobi zustande. Das war ein komplett neuer Ansatz. Das Portal war damit ein reines B2C-Geschäft.

Das sagen die Werkstätten

Immer wieder gab es Kritik seitens der Werkstätten an Caroobi. Wir haben aber auch positive Stimmen gefunden, so wie Alexander Hahn, Inhaber der Kfz-Werkstatt Alexander Hahn in Göppingen: "Bei uns lief die Zusammenarbeit mit Caroobi weitgehend gut." Bei der Vergabe der Aufträge war die Kfz-Werkstatt Hahn jedoch wählerisch und übernahm nur das, was für den Betrieb kostendeckend war. Der Beweggrund, Caroobi zu nutzen, war es dabei auch, neue Kunden für die Werkstatt zu gewinnen "Das hat funktioniert, ehemalige Kunden kommen immer noch zu mir in die Werkstatt, wenn sie im Umkreis von zehn bis 15 Kilometern wohnen", berichtet Hahn.

Das war ebenfalls das Ziel der Schmidt Autoteile GmbH in Pinneberg, die neben einer Werkstatt auch einen Teilehandel betreibt. "Wir wollten mehr Kunden für unsere Werkstatt gewinnen und eine zusätzliche Auslastung erzielen. Wir wollten auch Aufträge für die Werkstatt annehmen, die man normalerweise nicht bekommt", erklärt Geschäftsführer Volker Schmidt. Der Betrieb konzentrierte sich dabei vor allem auf Reparaturen von Motoren und Getriebe. Caroobi lieferte dazu über Dritte die benötigten Teile. "Teilweise waren die von Caroobi gelieferten Motoren und Getriebe verschmutzt oder in einem so schlechten Zustand, dass wir sie dem Kunden nicht eingebaut haben. Das ist aber nicht Caroobi anzulasten. Die meisten Teile waren in Ordnung", resümiert Schmidt. Schmidt Autoteile nahm aber nicht nur Reparaturaufträge von Caroobi entgegen, sondern lieferte als Teilehändler im Auftrag des Vermittlungsportals auch Teile an Partnerwerkstätten aus. "Das lief problemlos", erklärt Schmidt.

Langsame Kommunikation

Dennoch gab es mit der Werkstattvermittlung öfters Probleme, wenn weitere Reparaturen am Pkw fällig wurden. "Caroobi hat meiner meiner Meinung nach die Arbeitsweise im Werkstattalltag nicht verstanden. Wenn ich bei einem VW beispielsweise die Steuerkette austausche, muss ich auch die Zahnräder und Stellglieder mit austauschen. Das hat Caroobi von vorherein nicht beachtet", erklärt Hahn. Reparaturen wurden so im Nachhinein deutlich teurer. Bei zusätzlichen Arbeiten musste das jedoch zunächst mit Caroobi geklärt werden. Caroobi erweiterte die Aufträge dann, der Kunde musste dann jedoch immer erst die Reaktion des Portals abwarten, was im Regelfall mehrere Tage in Anspruch nahm. Dabei wurde der anfängliche Betrag deutlich höher. Der Frust beim Kunden war vorprogrammiert.

Wenig schmeichelhaft ist die Einschätzung von Thomas Vollmar, Geschäftsführer der Handelskooperation Carat: "Aus unserer Sicht gibt es mehrere Gründe für das Scheitern von Caroobi. Im Gegensatz zu Investoren wie BMW, Nokia oder Cherry Ventures war uns das Geschäftsmodell von vornherein suspekt." Eine Ferndiagnose ohne Zugriff auf die Fahrzeugdaten und ohne Fehlercodes erstellen zu wollen, "grenze an Wahrsagerei", glaubt Vollmar. Der Unternehmensführung attestiert er daher "fehlendes Wissen über die Prozessabläufe innerhalb der Wertschöpfungskette im IAM".

Der Markt für Werkstatt-Vermittlungsportale war immer schon schwierig und Caroobi sind nicht die einzigen, die aufgeben mussten: Bosch ist mit der Plattform Drivelog gescheitert, die es namentlich unter einem anderen Eigentümer noch gibt, die sich aber ausschließlich auf das Thema Teilehandel konzentriert. Autoscout hat sein Werkstattportal bereits im Oktober 2019 eingestellt, weil die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprachen.

Durchhaltevermögen bewiesen dagegen die Portale Fairgarage (gehört seit 2013 zu DAT) sowie Autobutler (gehört seit 2016 zum PSA-Konzern), die seit fast zehn Jahren am Markt agieren. DAT-Tochter Fairgarage entwickelt das Portal ständig weiter und verschafft den Kunden einen Mehrwert über die sehr gute Auffindbarkeit bei Google. Auf diese Weise werden Kunden, die bei Google nach Stichworten suchen, auf die bei Fairgarage gelisteten Werkstätten aufmerksam. Das Werkstattportal Fairgarage wird monatlich von ca. 750.000 Portalbesuchern besucht (2019). Für insgesamt 85 Prozent der relevanten Suchbegriffe belegen Fairgarage-Seiten die Top-10-Positionen der organischen Suchergebnisse bei Google. Gelistete Werkstätten können zudem auf der eigenen Webseite das Silver-DAT Webkit integrieren. Damit können Kunden direkt einen Termin vereinbaren und sich über die Preise von zahlreichen Services für ihr Fahrzeug informieren.

Nur schauen - nichts kaufen

Die Saitow AG, die vor allem mit ihrem Reifen- und Teileeinkaufsportal Tyre24 erfolgreich ist, betreibt auch ein Werkstatt-Vermittlungsportal. Auf Autoreparaturen.de tummeln sich ca. 4.000 Werkstätten. Monatlich registriert das Portal durchschnittlich 60.000 Unique User und 400.000 Page-Impressions. "Das Interesse ist also von beiden Seiten - Werkstatt und Endkunde - vorhanden", glaubt Christian Koeper, COO der Saitow AG, und schränkt gleichzeitig ein: "Wir bekommen monatlich zahlreiche Anfragen für Reparaturleistungen von unseren Nutzern. Jedoch stellen wir fest, dass ein großer Prozentsatz der Nutzer unser Werkstattportal, wie auch sicherlich Angebote von Wettbewerbern, vor allem zur Preisrecherche nutzt, was sich letztendlich in den Conversion Rates widerspiegelt." Wenn alle nur schauen, aber nix kaufen, kann die Servicevermittlung nicht funktionieren.

Automotive-Experte Philipp Grosse Kleimann war zwischenzeitlich Mitglied der Geschäftsführung bei Caroobi und ist heute Senior Partner beim Beratungsunternehmen Siemens Advanta Consulting, wo er den Bereich Automotive & New Mobility leitet. Er kennt sich aus im Markt für Werkstattportale. Vom Geschäftsmodell von Caroobi, das sich nach der Gründung stetig weiterentwickelt hatte, ist er immer noch überzeugt: "Das Caroobi-Modell ist gut durchdacht und am Ende hätte es auch funktioniert, wenn der Verkauf nicht dazwischengekommen wäre." Zum neuen Eigentümer darf er verständlicherweise nichts verraten.

Unter seiner Ägide wurde das Caroobi-Geschäftsmodell von der reinen B2C-Plattform zur B2B-Plattform umgestellt. Dadurch wurde Caroobi eher eine Art "technologieorientiertes Werkstatt-Konzept", wie es Grosse Kleimann nennt.

Schwieriger Markt

Die Idee dieser B2B-Plattform ließe sich in etwa so skizzieren: Freie Werkstätten setzen sich auf das Portal, das der Werkstatt von der Teileidentifikation und der Teilebestellung von Ersatzteilen in verschieden Qualitätsstufen alles aus einer Hand liefert. Je nach Reparatursituation stehen OE-Teile, Identteil oder wiederaufbereitete Teile zur Verfügung. Damit, so die Idee, ließe sich das Werkstattgeschäft professionalisieren, Prozesse digitalisieren, von der Online-Terminvereinbarung bis zur Teilelieferung. Zusätzlich erreicht die Werkstatt über das Portal neue Kunden und profitiert von den günstigen Einkaufskonditionen. Der Endkunde wiederum, der den passenden Betrieb für seine Autoreparatur sucht, hat über ein ausgefeiltes und nutzerfreundliches Endkundenportal die Auswahl aus einem flächendeckenden Netzwerk geprüfter und zertifizierter Werkstattpartner. Im besten Fall bekommt er gleich zwei, drei konkrete Empfehlungen für sein Problem und die Möglichkeit, unkompliziert einen Termin zu vereinbaren. Die Finanzierung der Plattform wäre über den Teileverkauf gesichert. Dafür ist über die Plattform eine Reihe an Teilegroßhändlern integriert, die so neue Werkstattkunden in ihre Logistik-Wege aufnehmen kann. "Das wäre der Archetyp einer funktionierenden Werkstatt-Plattform, die es so bisher nicht gibt," glaubt Grosse Kleimann. Das Modell erinnert eher an klassische Werkstatt-Konzepte, die der Großhandel seit Jahren anbietet - mit durchwachsenem Erfolg.

Das waren die Fehler bei Caroobi

Aber warum funktionieren die Werkstatt-Vermittlungsportale im Markt bisher nicht? "Die Anbieter der Portale haben immer zu sehr in Richtung Endkunde geschaut - am Ende sind es nicht viel mehr als gut gepflegte Telefonbücher," konstatiert Grosse Kleimann. Ein weiteres Problem: "Als Endkunde will ich die Komplexität reduzieren. Bildlich gesprochen: Ich wünsche mir einen Reiseführer, der mir sagt, wohin ich gehen muss. Es bringt dem Kunden ja nichts, wenn er sich zwischen einigen tausend Werkstätten entscheiden muss, er will ja gerade wissen, welche von diesen sein Problem am besten lösen können." Zudem sei es keinem Modell bisher gelungen, eine solide Finanzierung sicherzustellen, geschweige denn, profitabel über Vermittlungsmargen zu arbeiten. Werkstätten beklagen daher zurecht, dass schlechte Leads über die Portale kommen, die erst aufwändig recherchiert werden müssen, was Arbeitskräfte im Betrieb bindet. Wenn der Kunde dann gar nicht bucht, ist dies verlorene Zeit.

Überraschend ist, dass es gerade aktuell neue Versuche gibt, die Zauberformel zu finden, damit ein Vermittlungsportal funktionieren kann. Der Ölkonzern BP wirft den Markennamen Castrol ins Rennen und startet in Deutschland das Portal Carama ( siehe Seite 22), um das Werkstattgeschäft endlich auf eine digitale Spur zu führen. Ein weiterer Versuch ist das Portal Repareo, das mit neuen Funktionalitäten die Werkstätten überzeugen möchte. Werkstattportale, die einfach nur Werkstätten sortiert nach dem günstigsten Preis ausspucken, springen laut CEO Moritz Breiding daher zu kurz und sorgen zudem für einen ungesunden Preiswettbewerb Bei Repareo bekommt der Kunde daher einen Richtwert für seinen Service, das ist kein Festpreisangebot. Aus Breidings Sicht wäre es ideal, wenn die Terminbuchung aus dem Portal gleich direkt über eine Schnittstelle in das Werkstattsystem erfolgen könnte. "Wir haben das über entsprechende Schnittstellen schon realisiert. Die schnelle und verbindliche Terminvereinbarung über das Portal sei der Schlüssel, denn Kunden wollen nicht zwei, drei Tage warten, bis sie eine Bestätigung erhalten, glaubt Breiding.

So läuft die Buchung auf repareo.de

Das Portal repareo.de liefert dem Kunden nach Eingabe einiger Grunddaten einen Preisvorschlag für die angefragte Reparaturleistung. Im gleichen Zuge werden dann Werkstätten aus der Region des Nutzers angezeigt.

Schritt 1 - Startseite
Der potenzielle Kunde kommt auf repareo.de und findet hier den Einstieg über die Suchmaske. Die bereits online in Echtzeit kalkulierbaren Services sind dort als Icons hervorgehoben.

Schritt 2 - Suchmaske mit Angaben zum Fahrzeug
Über die Suchmaske kommt der Nutzer in den standardisierten Abfrageprozess. Hier selektiert er zunächst Marke/Modell und gibt HSN/TSN aus dem Fahrzeugschein ein.

Schritt 3 - Angabe des Kilometerstandes
Zusätzlich wird der Kilometerstand abgefragt.

Schritt 4 - Angabe der PLZ
Um das Angebot auf die regional unterschiedlichen Stundenverrechnungssätze zu kalkulieren, wird die PLZ des Nutzers abgefragt.

Schritt 5 - unverbindliche Preiskalkulation
Der Nutzer erhält eine individuelle Preiskalkulation als erste Indikation über die Kosten. Das System stellt anschließend Werkstätten aus dessen Region vor, die er gezielt anfragen kann. Die Preiskalkulation ist nur eine erste Orientierung. Jede Werkstatt kann eigene Stundenverrechnungssätze veranschlagen.

Schritt 6 - Terminbuchung
Der Nutzer kann in den von der Werkstatt freigegebenen Zeitfenstern einen Termin anfragen.

Werkstattportale (Auswahl)

www.autobutler.de
www.autoreparaturen.de
www.autoservice.com
www.autounfall.info
www.carama.com
www.repareo.de
www.fairgarage.de

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HASHTAG


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KOMMENTARE


Fabian Stahl

17.09.2020 - 16:23 Uhr

Sehr interessanter Artikel! Vielen Dank. Ich stimme Ihnen vollkommen zu. Mich wundert es allerdings, wieso es in anderen Ländern (z.B. UK) bereits viele erfolgreiche Werkstatt Vermittlungsportale gibt und es in Deutschland nicht ganz so gut klappt. Wahrscheinlich liegt es auch an der deutschen Mentalität? Eine Vermittlungsplattform spezialisiert auf Motorinstandsetzung und Austauschmotoren haben Sie jedoch vergessen: www.motorschadenvergleich.de Es ist ein ziemlich neues und einfaches Konzept. Hier werden die Anfragen der Kunden einfach an verschiedene Werkstätte verteilt.


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