asp: Herr Wurst, KW Automotive bietet drei verschiedene Fahrwerkmarken an. Wo liegen die Unterschiede zwischen den Produkten?
T. Wurst: Mit unseren Fahrwerkmarken KW Suspensions, ST Suspensions und AP Sportfahrwerke bieten wir als KW Automotive ein sehr breites Angebot an völlig verschiedenen Gewindefahrwerken mit unterschiedlichen Technologien an. Aus unseren KW-Produktgruppen "Street Comfort", "Street Performance" und "Track Performance" bieten wir verschiedene Fahrwerke an, damit wir jedem unserer Kunden das perfekte Gewindefahrwerk liefern können. Darüber hinaus unterscheiden sich die KW-, ST- und AP-Gewindefahrwerke auch im verwendeten Material sowie in bestimmten Einzelteilen und den verwendeten Technologien.
asp: Wo liegen generell die Vorteile eines Gewindefahrwerks?
T. Wurst: Der generelle Vorteil liegt darin, dass sich bei hochwertigen Gewindefahrwerken die Fahrdynamik und Fahrsicherheit steigern lassen. Dazu bieten sie die Option einer stufenlosen Tieferlegung, mit der in einem festgelegten Rahmen die Bodenfreiheit manuell eingestellt werden kann. Dadurch ist es möglich, die Fahrzeughöhe in der Niveaulage perfekt zum Verhältnis der montierten Rad- und Reifenkombination einzustellen. Auch erlauben Gewindefahrwerke die Radlast einzustellen. Unsere Gewindefahrwerke mit ihren dazugehörigen Federn, Dämpfern, Elastomer-Federelementen wie Anschlagpuffer und Staubschutzelementen sind immer eine fahrzeugspezifische Entwicklung, die wir als komplette Einheit ausliefern. Beim Einbau müssen im Grunde nur noch die Serien-Domlager montiert werden.
asp: Was ist beim Einbau eines Gewindefahrwerks zu beachten?
T. Wurst: Ganz wichtig ist immer, die Einbauhinweise des Fahrwerkherstellers und des Automobilherstellers zu beachten, da ein Fahrwerk ein sicherheitsrelevantes Bauteil ist. Manchmal müssen Komponenten vom Original-Serienfahrwerk beim Einbau eines Gewindefahrwerks weiterhin verwendet werden. Federbeine und Stoßdämpfer sollten nie verspannt montiert werden. Wir empfehlen selbst beim Ändern der Fahrzeughöhe, die Befestigungsschrauben am Fahrwerk vom Querlenker und von anderen Komponenten zu lösen und erst in Konstruktionslage wieder mit dem nötigen Anzugsdrehmoment anzuziehen. Falls Dehnschrauben verwendet werden, ist immer darauf zu achten, dass diese gemäß Fahrzeugherstellervorgaben ersetzt werden. Niemals sollte man mit einem Schlagschrauber am Gewindefahrwerk und weiteren Fahrwerkteilen arbeiten, auch sollte nie mit einer Zange an der Kolbenstange angesetzt werden. Beim Einbau müssen immer die richtigen Anzugsdrehmomente verwendet werden. Sobald ein Fahrwerk eingebaut worden ist, muss auch die Achsgeometrie überprüft und die Spur neu vermessen werden. Dies gilt auch beim Verändern der Tieferlegung.
asp: Benötigt der Mechaniker spezielle Werkzeuge oder eine spezielle Ausstattung für den Einbau?
T. Wurst: Jede Kfz-Werkstatt verfügt über alle notwendigen Werkzeuge wie Federspanner, Achsmessbühne und Ähnliches, um ein Gewindefahrwerk einzubauen. Je nach Fahrzeugtyp können jedoch Spezialwerkzeuge erforderlich sein. Deshalb sollte der Einbau immer nur mit den vorgeschriebenen Werkzeugen durchführt werden. Für unsere Fachhandelspartner haben wir einen 30-teiligen KW-Spezialwerkzeugsatz entwickelt.
asp: Was bewirkt die Einstellung von Zug- und Druckstufe?
T. Wurst: Die in der Dämpfercharakteristik einstellbaren KW- und ST-Gewindefahrwerke liefern wir immer mit einem fahrzeugspezifisch voreingestellten Dämpfersetup aus. Wer nun ein strafferes oder ein etwas komfortableres Fahrverhalten möchte, kann dies mit wenigen Handgriffen über die einstellbaren Druck- und Zugstufenventile einstellen. Einfach ausgedrückt, beeinflusst die Druckstufe das Einfedern und die Zugstufe das Ausfedern. Höhere Druckstufenkräfte beziehungsweise eine härtere Druckstufe an der Vorderachse sorgen für eine noch direktere Lenkung. Das Auto wird lenkpräziser und das Handling aggressiver. Eine weichere Druckstufe macht das Lenkverhalten dagegen viel gutmütiger. An der Hinterachse wirken höhere Druckstufenkräfte dem Übersteuern entgegen. Auch wird das Fahrzeug bei Richtungswechseln stabiler. Eine weichere Einstellung lässt das Heck viel mehr mitlenken. Mit einer höheren Zugstufe wird das Handling an der Vorderachse noch direkter, während der Abrollkomfort gegebenenfalls etwas eingeschränkt werden kann. Geringe Zugstufenkräfte steigern bei langsamer Fahrt den Fahrkomfort, dagegen führen höhere Zugstufenkräfte zu einer besseren Rückmeldung, was das Handling angeht.
- Ausgabe 03/2025 Seite 022 (358.6 KB, PDF)
"Mit Gewindefahrwerken lassen sich die Fahrdynamik und Fahrsicherheit steigern."
Thomas Wurst, KW Automotive
asp: Wie stellt man ein Gewindefahrwerk richtig ein und ermittelt die richtige und zulässige Höhe?
T. Wurst: Es gilt, bei der Fahrwerkeinstellung darauf zu achten, dass beide Achsen passend zueinander eingestellt werden. Bei verschiedenen Gewindefahrwerken können die Druck- und Zugstufenventile jeweils im Highspeed- und Lowspeed-Bereich eingestellt werden. Schnelle Kolbenstangenbewegungen, also der Highspeed-Bereich, werden immer durch die Straße ins Fahrwerk eingeleitet. Dagegen entstehen langsame Kolbenstangenbewegungen, also der Lowspeed-Bereich, eher beim Beschleunigen des Fahrzeugs sowie beim Bremsen und Lenken. Zur Ermittlung der richtigen Höhe bei der Tieferlegung hilft immer ein Blick in die Einbauanleitung sowie das Teilegutachten. Dort sind die verschiedenen Maße aufgeführt. Auch müssen beim Fahrwerkeinbau immer die Vorschriften der StVZO bei den Höhen der lichttechnischen Einrichtungen, der Kennzeichenmontagehöhe sowie der Bodenfreiheit beachtet werden. Beim ordnungsgemäßen Fahrwerkeinbau sollten die Einbaupartner auch immer überprüfen, ob die Räder noch genügend Freigängigkeit haben, sodass beim Einfedern weder am Fahrwerk, der Innenradhausschale noch an der Kotflügelkante die Reifen schleifen. Alle diese Punkte berücksichtigen wir bereits in der Fahrwerkentwicklung, da unsere Gewindefahrwerke über ein Teilegutachten verfügen. Empfehlenswert beim Einstellen der Tieferlegung ist, dass achsweise rechts und links die gleiche Gewindeeinstellung gewählt wird.
asp: Wie wird das Fahrwerk richtig nach dem Einbau vermessen?
T. Wurst: Nach der Fahrwerksmontage ist das Einstellen der Achsgeometrie zwingend notwendig. Hierbei sind die Achsgeometriewerte des Fahrzeugherstellers zu verwenden. Auch beim nachträglichen Anpassen der Fahrzeughöhe müssen die Achsen neu vermessen werden.
asp: Sind die Zielgruppen nur "sportliche" Fahrer?
T. Wurst: Seit mehreren Jahren ist die Kernbotschaft unserer Marke KW Suspensions, dass wir für jeden Anspruch das richtige Fahrwerk haben. Schon lange stehen bei uns nicht nur die sportlichen Fahrer im Mittelpunkt. Mit unseren KW-V3-Leveling- und KW-V2-Comfort-Gewindefahrwerken sprechen wir Kunden an, die ein sehr komfortorientiertes Fahrverhalten suchen. Manchmal bedeutet Komfort aber nicht nur das Fahrverhalten, sondern auch, Temposchwellen oder steile Tiefgarageneinfahrten ohne Aufsetzen überwinden zu können. Deshalb bieten wir auch hydraulische Liftsysteme an.
asp: Bieten Sie Schulungsmaßnahmen für interessierte Werkstätten?
T. Wurst: Wir haben ein umfangreiches Schulungskonzept für unsere Fachhandelspartner entwickelt, das weit über eine typische Produktschulung hinausgeht. Es umfasst umfangreiche Schulungen, von der Fahrwerkabstimmung über Achsmesslehrgänge bis hin zu Fahrtrainings. So gibt es verschiedene Abstufungen bis hin zum autorisierten KW-Track-Performance-Partner, der auf unsere Clubsport-Anwendungen spezialisiert ist.