Kurzfassung
Während die Entwicklungen im Bereich Motorenöle für Verbrenner stagnieren, gibt es für Hybridfahrzeuge noch Optimierungen. Auch das Thema E-Fluids für Elektrofahrzeuge nimmt immer mehr Fahrt auf.
asp: Herr Schwäbisch, lohnt sich die Entwicklung neuer Motorenöle im Zeitalter der Elektromobilität noch?
Dirk Schwäbisch: In Europa sehen wir tatsächlich, dass Motorenöl-Entwicklungen für Verbrenner stagnieren. Der Markt muss hier nicht zwangsläufig zurückgehen, aber neue Entwicklungen werden in Anbetracht des nahenden Verbrenner-Aus nicht mehr angestoßen. Einzig bei Hybrid-Fahrzeugen sehen wir noch einen Trend zur Optimierung. Bei Hybrid-Fahrzeugen muss das Öl auf die Anforderungen des Verbrennungsmotors angepasst werden, der im Regelfall kühler läuft als ein konventioneller Verbrenner - gerade wenn das Fahrzeug auf Kurzstrecken hauptsächlich mit dem Elektromotor gefahren wird. Hier bekommen wir ein Problem mit Wasser im Öl, das aufgrund der niedrigen Temperaturen nicht mehr verdampft, was eine Herausforderung für das Öl darstellt. Um diesen Hybrid-Ansprüchen gerecht zu werden, haben wir kürzlich eine neue Produktserie gestartet.
asp: Setzt sich der Trend zu niedriger Öl-Viskosität fort?
D. Schwäbisch: Ja, wir sehen weiterhin die Entwicklung, dass Motorenöle immer niedrigviskoser werden. Inzwischen hat das auch Nutzfahrzeuge erreicht. In Zusammenarbeit mit einem namhaften Partner haben wir hier ein sehr dünnflüssiges Öl entwickelt. Im Pkw-Bereich sehen wir auch den Trend. Teilweise rechtfertigt der Effizienzgewinn aber nicht unbedingt den Aufwand für die Entwicklung neuer Motoren, weswegen einige Projekte in diesem Bereich auch wieder eingestellt werden. Generell gilt aber: Die Effizienz des Motors steigt mit niedrigviskosen Ölen, da Reibungs- und Planschverluste reduziert werden. Für niedrigviskose Öle braucht man aber qualitativ höherwertige Grundöle als bei hochviskosen Ölen. Grundöle machen 70 bis 90 Prozent des Motorenöls aus, die restlichen Eigenschaften werden durch die Additive bestimmt.
asp: In E-Autos werden keine Motorenöle mehr benötigt. Was entwickeln Sie in diesem Bereich?
D. Schwäbisch: Das ist korrekt, jedoch finden sich auch im E-Auto Reduktionsgetriebe mit Zahnrädern, die wie jedes Getriebe geschmiert werden müssen. Petronas hat hier entsprechende Öle der Iona-Serie entwickelt.
asp: Wo gibt es im E-Auto noch Bedarf für E-Fluids?
D. Schwäbisch: Bislang werden E-Motoren von außen mit einer Wasser-Glykol-Mischung gekühlt. In Zukunft werden die E-Motoren aber immer leistungsstärker und die Energiedichte wird immer höher. Dadurch wird die Kühlung mit einem Glykol-Wassergemisch von außen nicht mehr ausreichend sein. Hier ist dann eine Kühlung innerhalb des E-Motors notwendig, was sich mit einem Öl bewerkstelligen lässt. Das Öl hat dann die Aufgabe, den Rotor im E-Motor, also das drehende Teil, zu kühlen. Öl hat hier den Vorteil, dass es nichtleitend ist und man so besser direkt an die Stellen kommt, wo Hitze entsteht. Im besten Fall handelt es sich dann um dasselbe Öl, was auch die Getriebestufe schmiert. Man redet dann von einer 2-in-1-Lösung, das Öl zur Kühlung des E-Motors schmiert also auch das Getriebe. Bei der 3-in-1-Variante wird auch der Umrichter, also die Leistungselektronik, mitgekühlt. Die 4-in-1-Lösung wäre dann, alle genannten Bauteile und auch die Batterie zusätzlich zu kühlen. Hier zeigen sich aber auch Nachteile, da Öl nicht der beste Wärmeleiter ist und die beste Wärmekapazität hat. Im Moment sehen wir 2-in-1-Systeme kommen, auch 3-in-1-Systeme. Erstere sind auch schon auf dem Markt verfügbar. 4-in-1-Systeme liegen noch in der Zukunft.
- Ausgabe 11/2023 Seite 022 (350.9 KB, PDF)
"In Europa sehen wir tatsächlich, dass Motorenöl-Entwicklungen für Verbrenner stagnieren."
Dirk Schwäbisch, Petronas
asp: Welche Eigenschaften müssen solche Öle haben, die mehrere Komponenten kühlen?
D. Schwäbisch: Das Ziel eines Öls für E-Motor und Getriebe ist es hauptsächlich, die Wärme aus dem System zu bringen und natürlich zu schmieren. Bei turbulenter Strömung, die dabei vorliegt, spielt eine niedrige Viskosität eine entscheidende Rolle. Hier müssen dann wie im Motorenölbereich besonders niedrigviskose Öle zum Einsatz kommen, die sowohl für mehr Effizienz als auch für den Wärmeaustausch sorgen. Trotz der niedrigen Viskosität müssen sie auch die Schmierung bewerkstelligen. Der Hardware-Schutz muss dann durch die entsprechende Additivierung erreicht werden. Hier ist dann auch wichtig, dass die Schmierstoffe mit den Werkstoffen im Getriebe und im Motor kompatibel sind, beispielsweise mit Kupfer oder Vergussharzen. Wir müssen eine Balance zwischen den Eigenschaften niedrigviskos, Zahnradschutz, Lagerschutz, Wärmeabtrieb und Leitfähigkeit finden. Das ist eine neue Herausforderung für das Öl. Wir entwickeln gerade solche Öle für E-Autos und haben auch schon Produkte im Angebot.
asp: Gibt es Pläne, dass sich solche Öle künftig austauschen lassen?
D. Schwäbisch: Die Vorgabe der OEM ist, dass das Öl auf die Lebensdauer des Fahrzeugs ausgelegt sein muss. Hier fehlt noch die Markterfahrung. Im Moment ist das in Europa noch nicht vorgesehen. In China wird tatsächlich das Öl der E-Auto-Getriebe öfters gewechselt.
asp: Welche Trends sehen Sie bei der Batteriekühlung?
D. Schwäbisch: Wir sehen bei der Batteriekühlflüssigkeit den Trend hin zur Immersionskühlung. Dabei werden Fluide wie dielektrische Flüssigkeiten genutzt, die chemisch zwischen Öl und Wasser-Glykol einzuordnen sind. Hier wird momentan ganz viel entwickelt. Für eine lange Lebensdauer der Batterie wird eine Temperaturkontrolle immer wichtiger.